Die Ostexpansion der österreichischen Banken 

 

1. Der Konsumentenkredit

Wenn Marx schreibt: „Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihr Grenze bilde“ (MEW 25: 501) – so spricht er damit eine Wahrheit aus, gibt aber auch zu einem Mißverständnis Anlaß.
Wahrheit ist, daß das Kapital, in seinen steten Versuchen, das von den Arbeitern geschaffene Mehrprodukt zu erhöhen und den dafür verausgabten Lohn zu senken, die Arbeiterklasse ständig verarmt, also ihre Konsumtionsfähigkeit beschränkt, während sich dadurch gleichzeitig die Menge der erzeugten Waren, die nach Verwertung suchen, erhöht.
Das Mißverständnis dabei besteht darin, dem Kapital – den Unternehmern eben – ein Bewußtsein einer Grenze der Konsumtionsfähigkeit, des Marktes zu unterstellen. Dieses Bewußtsein gibt es nicht, sondern jedes Kapital produziert so drauflos, als ob die Aufnahmefähigkeit des Marktes unbeschränkt wäre, zumindest für die eigenen Erzeugnisse. Absatzschwierigkeiten bekämpft es durch Produktivitätssteigerungen oder das Erschließen neuer Märkte – und mit beidem treibt es den oben ausgesprochenen Widerspruch zwischen der Verringerung der Kaufkraft der Massen und der Erhöhung der Warenmenge weiter voran – bis Krise eintritt und jede Menge Kapital entwertet wird, weil es an die Grenze seiner Verwertung gelangt ist.

Dieses Dilemma hat eine Kreditform hervorgebracht, die die Verwertungsgrenzen deutlich hinausschiebt und den Banken ein neues Geschäftsfeld eröffnet hat: den Konsumentenkredit. Das, was sich arbeitende Menschen eigentlich nicht leisten können, aber doch leisten wollen, wird ihnen von wohlmeinenden Banken vorgestreckt, die dafür den für Kreditoperationen üblichen Zins kassieren, der je nach Land, Ökonomie und staatlichen Vorgaben in Form von Förderungen oder Garantien über oder unter dem landesüblichen Durchschnittszins liegt.

Dieser Kredit erfreut alle Beteiligten.
Solange der Rubel rollt, also seine Einkünfte, auf die der Kredit aufbaut, regelmäßig fließen, so kann sich der Kreditnehmer seinen Traum vom Eigenheim, von einer flotten Maschine (mit 2 oder 4 Rädern), von modischen Lumpen und ähnlichem Zeug, das heute zum guten Ton des Erfolgsmenschen gehört, leisten. Daß er dafür einen höheren Preis für die Ware zahlt, nimmt er gern in Kauf, da er sie ja sonst nicht so ohne weiteres bzw. gar nicht erwerben könnte. Der Konsumentenkredit verwandelt sich im Alltagsbewußtsein in eine Art Rechtsanspruch auf die schöne bunte Warenwelt, von der jeder umgeben ist, und seine Inanspruchnahme zur ultima ratio der Eigentumslosen. Wer sich an diesem Schuldenkarussell nicht beteiligt und damit auf jede Menge dieser Konsumartikel verzichtet, hat schon von vornherein bewiesen, daß er die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat und daher zu den Versagern zu rechnen ist.

Die Banken haben sich mit dieser Sphäre ein Geschäftsfeld erschlossen, das von der Verläßlichkeit und Zahlungsmoral her den Krediten an windige Klein- und Mittelbetriebe den Rang abläuft, und vom Umfang her inzwischen durchaus mit den Geschäftskrediten konkurrieren kann. Autohändler steigern ihren Umsatz bzw. ermöglichen den größten Teil davon überhaupt erst durch die Leasingverträge, mit denen sie ihre Kunden ködern und mit denen sie den Banken ein Stück Geschäftssphäre streitig gemacht haben.

Die Bauindustrie, die Autoproduzenten, Textilindustrie und Versandhäuser und viele andere Unternehmen, die irgend etwas zu verkaufen haben, profitieren im wahrsten Sinne des Wortes von dieser Expansion des Marktes, küssen den Banken und Kreditkartenfirmen die Schuhe und richten gegebenenfalls selbst gewisse Kreditformen ein, um den Fortgang ihres Geschäftes zu gewährleisten.

Der Staat schließlich als diejenige Gewalt, die den ganzen Kredit dieser Gesellschaft erst möglich macht, durch Bankkonzessionen, Einlagensicherung, Richtlinien der Kreditvergabe usw. sieht diese Kreditform gerne, erstens zur Förderung des Wirtschaftswachstums auf ihrem jeweiligen Territorium, zweitens aber auch als eine Form der praktischen Staatsbürgerschaftskunde: Leute mit Schulden setzen auf die Zukunft dieser Produktionsweise, sie hoffen auf ihr Funktionieren als Mittel ihres persönlichen Weiterkommens. Die Aufnahme von Schulden ist ein praktisch ausgesprochenes Vertrauen in das kapitalistische Geschäft und die politische Gewalt, die es ermöglicht. In den USA und Großbritannien, denen gerne ein soziokultureller Hang zum Hausbesitzertum nachgesagt wird, vor allem nach dem die Finanzkrise auslösenden Immobiliencrash 2007, wurden diverse Kreditinstitutionen und Gesetze in den 30er Jahren ins Leben gerufen, zur Bekämpfung der Kreditklemme in der Bauindustrie, aber auch, um die Arbeiterschaft durch die Perspektive eines Eigenheimes daran zu hindern, kommunistischen Agitatoren und anderen Rattenfängern nachzulaufen und womöglich zum Mittel des Streiks für Lohnerhöhungen zu greifen.

Tritt Zahlungsunfähigkeit ein, durch Entlassung, Ehescheidung, Krankheit, so ist jemand in die „Schuldenfalle“ getappt und wird von Sozialinstitutionen wie Schuldenberatungsstellen weiter betreut. Das Risiko, hier durch Kreditausfälle verliehenes Geld zu verlieren, wird jedoch von den Kreditgebern im Vergleich zum gesamten Volumen dieser Art von Krediten als gering eingeschätzt.

Die 2007 in den USA gescheiterten ABS-Wertpapiere, die auf Hypothekarkrediten beruhten und treffend mit dem Satz „Die Armut notiert an der Börse“ (Il Manifesto, Mai 2009) charakterisiert wurden, haben auch eines gezeigt: Wie sehr nicht nur der ganze kapitalistische Kreditapparat in seinen obersten Etagen, sondern auch die Produktion und der Handel auf diesen schäbigen Schulden des kleinen Mannes beruhen, weil eben die Konsumtionsfähigkeit der Massen die Grundlage und auch die Schranke aller kapitalistischen Produktion ist.

 

2. Die österreichischen Banken

Die österreichischen Banken waren jahrzehntelang Nullnummern im internationalen Kreditwesen, mit ein paar schwachbrüstigen Filialen im angrenzenden Ausland. Seit der unmittelbaren Nachkriegszeit verstaatlicht, waren sie im Inland Transmissionsriemen des Staatskredits und der Wirtschaftsförderung, Teil der verstaatlichten Industrie, Geldgeber des staatlichen Wohnbaus, und, – vor allem der Sparkassensektor und die aus sozialdemokratischen Kreditgenossenschaften hervorgegangene Bank für Arbeit und Wirtschaft (BAWAG) – die Vermittler der kleinen Zirkulation. Ihre Filialen glänzten nicht als die Geldtempel aus Naturstein, Messing, Glas und moderner Kunst, als die sie sich heute präsentieren, sondern hatten eher das vertrauensbildende Outfit von Amtsstuben oder Provinzbahnhöfen. Die Banken waren bloße Schaltstellen des auf dem Boden der Neutralität geruhsam vor sich dahinköchelnden, bescheidenen österreichischen Kapitalismus.
Durch die Wende in Osteuropa änderte sich alles. Mit dem Verlust der ehemaligen Ostmärkte fiel ein guter Teil der österreichischen Industrie in sich zusammen. Ebenso wie die ehemals staatliche Industrie wurden die Banken privatisiert und mit dem Auftrag ausgestattet, sich nach profitablen Geschäftsfeldern umzusehen. Die Umstrukturierung, Fusionierung, Neuorientierung der Banken nahm fast die gesamten 90er Jahre in Anspruch, und manche kratzten die Kurve schneller, manche langsamer.

Die flotteste Bank beim österreichischen „Drang nach Osten“ war die ursprünglich mit Agrarkrediten großgewordene Raiffeisenbank (inzwischen Österreichs drittgrößte Bank). Im Zuge der ungarischen Vor-Wende-Reformpolitik ergriff sie 1987 die Gelegenheit zur Gründung einer Tochterbank in Ungarn. 1991 gründete sie die Raiffeisen International Holding als Tochterfirma für die Betreuung aller Engagements in vormals sozialistischen Staaten. Noch im gleichen Jahr gründete diese Holding Tochterbanken in Polen und der Slowakei. In letzterem Falle bewies die RI politisches Gespür: Angesichts des Krachens im Gebälk der Tschechoslowakei gründete sie eine eigene slowakische, und erst zwei Jahre später, nach der Trennung, eine tschechische Tochter. Ähnliches Fingerspitzengefühl legte sie mit der Gründung ihrer kroatischen (1994) Tochterbank an den Tag, der angeblich ersten ausländischen Bankgründung Kroatiens. Es folgten Töchter in Bulgarien (ebenfalls 1994), Rußland (1996), Rumänien (1998), Bosnien und Herzegowina sowie Serbien (2000). Vermutlich infolge allgemeiner Verschärfungen bei der Erteilung von Bankkonzessionen übernahm die RI von da ab bereits bestehende Banken: in Slowenien (2002, Krekova Banka), Weißrußland (2003, Priorbank), Kosovo (2003, American Bank of Kosovo), Albanien (2004, Banka e Kursimeve i Shqipërisë) und der Ukraine (2005, Aval Bank). Etwas unklar ist die Rolle der Raiffeisenbank in Montenegro, wo sie seit dessen Eigenständigkeit nur eine „Investmentbank“ betreibt, die aber eine Art  Zentralbank Montenegros zu sein scheint, und über deren Rolle bei der seinerzeitigen DM- und Euro-Einführung nur spekuliert werden kann.

„Die Tochterbanken der Raiffeisen International decken de facto die gesamte Region Zentral- und Osteuropa ab: mehr als 15 Millionen Kunden werden in rund 3.000 Geschäftsstellen in den Segmenten Kommerz- und Privatkundengeschäft sowie Investment Banking betreut. In fünf Märkten befindet sich die jeweilige Tochterbank unter den drei größten Instituten. Die Raiffeisen International verfügt in jeder Netzwerkbank über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile, in den meisten Fällen ist sie Alleineigentümer.“ (Selbstdarstellung der RI)

 

Eine Raiffeisen-Filiale in Budapest ...

 

in Oradea (Rumänien) ...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

und in Reghin (Rumänien)

Die zweite Bank, die sich bereis unmittelbar nach der Wende in Osteuropa umtat, war die 1997-2002 mit der Bank Austria fusionierte und inzwischen bei der UniCredit gelandete Creditanstalt (CA). Die CA war vor allem als Beraterfirma und Unterstützer von Börsengängen und der Privatisierung in den Visegrad-Staaten (Ungarn, Tschechoslowakei, Polen) tätig. Sie half bei der schwierigen Frage der Bewertung der sozialistischen Unternehmen mit, die bei Börsengängen entschieden wurde, und stieg damit in das osteuropäische Börsen- und Wertpapiergeschäft ein. Obwohl sie dabei nicht allzu erfolgreich war und zum Zeitpunkt ihrer Übernahme durch die Bank Austria (BA) 1997 gerade einmal 81 Auslandsfilialen besaß, stellte dieses Osteuropa-Segment doch einen der Pluspunkte der CA dar, etwas, das sie, und damit auch die BA, für ausländisches Kapital attraktiv machte.
Bei den weiteren Fusionen mit der Hypo-Vereinsbank und der UniCredit verblieb das Osteuropa-Geschäft beim österreichischen Partner, und wurde durch die eigenen Osteuropa-Beteiligungen der Mutterbanken ergänzt. Seither ist die BA-CA Osteuropa eine eigene Holding im Rahmen der Uni-Credit, und betreut alle osteuropäischen Märkte mit Ausnahme Polens. Im Jahr nach der Umstrukturierung wurde die Osteuropa-Sparte als Erfolgsstory gefeiert, mit großen Expansionsmöglichkeiten:

„Die Division CEE hat ihr Ergebnis vor Steuern um 70,5 Prozent auf 305 Millionen Euro gesteigert (2006: 179 Millionen Euro). Die von der BA-CA geführte CEE Division der UniCredit Group ist für einen Markt von mehr als 300 Millionen Einwohnern verantwortlich.“ (Bankinfo 2007)

Die zwar offiziell immer noch als Nr. 6 gehandelte, aber stark angeschlagene und inzwischen verstaatlichte Hypo Alpe Adria*1 hat sich bei ihrer Expansion zunächst ausschließlich den Nachfolgestaaten Jugoslawiens gewidmet. In den stürmischen Kriegs- und Nachkriegsjahren 1992-95 kreditierte sie den neuen kroatischen Staat und sicherte sich dadurch eine privilegierte Stellung für das Tourismus- und Immobiliengeschäft an der Adria. Die Leiter der HAA nutzten für ihre Expansion nach Südosten einerseits persönliche Kontakte und die Gunst der Stunde, aber andererseits auch den Umstand, daß die HAA als eine der Landesregierung unterstehende Hypothekenbank fehlende Eigenmittel durch Bürgschaften des Bundeslandes ersetzen konnte. Sie wurde in einer eigenartigen Verwicklung von Innen- und Außenpolitik und Wirtschaftsinteressen zur wichtigsten Firma, dem Vorzeigeprojekt des ansonsten ökonomisch eher schwächelnden Kärnten. Das machte sie auch attraktiv für die Bayrische Landesbank, die in den südosteuropäischen Raum expandieren wollte und sich 2007 bei der Bank einkaufte.
Die HAA ist seit ihrer Verstaatlichung 2009 Gegenstand gerichtlicher Untersuchungen. Das Schicksal ihrer Töchter in Kroatien, Slowenien usw. ist unklar, und der von ihr im Bau befindlichen oder betriebenen Tourismusprojekte ebenfalls.

Etwas später als die anderen sprang die inzwischen zweitgrößte Bank Österreichs*2, die Erste Bank auf den Osteuropa-Zug auf. Die Erste Bank war deshalb später dran, weil sie aus dem Zusammenschluß von Sparkassenverbänden entstanden war und erst einmal die gesetzlichen Beschränkungen, denen diese Institute unterworfen waren, abschütteln mußte. Nach einer Umwandlung in eine AG, mehrere Fusionen und einem Börsengang war es dann soweit:

„Als erste Bank wurde 1997 die ungarische Mezőbank übernommen. Drei Jahre später, nach einer weiteren Kapitalerhöhung, wurde die Expansion fortgesetzt. So wurden im Jahr 2000 die Mehrheiten an der tschechischen Česká spořitelna und der slowakischen Slovenská sporiteľňa übernommen.“ (Wikipedia, Erste Bank)

Als nächstes expandierte die Erste Bank nach Kroatien, und 2005 nach Rumänien, was sie sich einiges kosten ließ:

„Die Übernahme von rund 61,88 % der Banca Comercială Română S.A. (BCR), der größten rumänischen Bank mit 2,8 Mio. Kunden und 12.000 Mitarbeitern, im Jahr 2005 um 3,751 Mrd. Euro stellt die bisher größte Auslandsdirektinvestition der österreichischen Wirtschaftsgeschichte dar. Der vergleichsweise hohe Kaufpreis (Buchwert-Multiplikator von 5,8) – sämtliche namhafte Analysten errechneten Zeitpunkt der Übernahme einen Wert von unter 1 Mrd. Euro für die gesamte BCR – wurde darin begründet, da nur noch wenige große Banken im Mittel- und Osteuropäischen Raum zur Privatisierung anstehen, und die Erste Bank in Rumänien bisher nicht vertreten war.“ (ebd.)

Im gleichen Jahr kaufte sie eine Bank in Serbien, und schließlich 2007 eine in der Ukraine. Ihrer eigenen Darstellung zufolge hat die Erste Bank 17 Millionen Kunden, davon 3 Millionen in Österreich und den Rest in Osteuropa und auf dem Balkan.

Der Volksbank-Verbund gründete 1991 zunächst eine Tochterfirma in der Slowakei. Seine Osteuropa-Holding VBI ist inzwischen in 9 osteuropäischen Ländern vertreten, mit 582 Filialen und 1,5 Millionen Kunden. Die VBI ist zu 51 % im Besitz der Volksbank, den Rest halten eine französische und eine deutsche Genossenschaftsbank. Ihr Vorstand meldete für 2009 offiziell ein positives Geschäftsjahr, aber schließlich sickert durch, daß es doch nicht so gut ausschaut. Die angestrebte Fusion mit der BAWAG ist gerade gescheitert, weil offenbar jeder der beiden Bankvorstände bei der anderen Bank mindest so viele Leichen im Keller vermutet, wie er bei sich selbst gelagert hat. Auch sonst ist kein Investor in Sicht. Die Attraktivität österreichischer Banken und ihrer Osteuropa-Töchter ist derzeit eher gering.

Eine Volksbank-Filiale in Reghin (Rumänien)

Die für alle Transaktionen der Republik Österreich zuständige und derzeit viertgrößte Bank Österreichs, die BAWAG, versuchte sich statt im auf Erschließung wartenden (Süd-)Osten lieber im Zentrum des internationalen Kreditgeschäfts, in den USA, und fiel dabei auf die Nase. Davon hat sie sich bis heute nicht erfangen und stellt einen Dauersanierungsfall für den österreichischen Staatskredit dar.

Zuerst hat die Ostexpansion die österreichischen Banken erstens groß und zweitens für internationales Bankkapital interessant gemacht:

„Mit der raschen Erweiterung des Bankennetzes nach Osteuropa, geschehen durch die größten heimischen Banken, sicherten sich diese einen nicht unwesentlichen Startvorteil gegenüber ausländischen Konkurrenten, die großteils sehr vorsichtig in die Länder des ehemaligen Ostblocks expandierten. Erst als sich der Erfolg der österreichischen Banken in Ländern wie Tschechien, Slowenien, Slowakei oder Ungarn in Form von Gewinnen einstellte, und stetig zunahm, wagten sich mehr und mehr ausländische Kreditinstitute in die mittel- und osteuropäischen Länder, und der Konkurrenzkampf wurde härter, was sich auch in den immer größeren Aufschlägen auf den Buchwert bei Übernahmeangeboten für dort ansässige Banken erkennbar wird.“ (Wikipedia, Österreichisches Bankwesen)

Jetzt müssen sie um ihre Kredite zittern, und andere zittern mit:

„2008 waren österreichische Banken unter allen EU-Ländern die größten Geldgeber in den MOEL-Ländern, inklusive Russland und Ukraine. 19,5 % der bei EU-Banken offenen Krediten im Ausmaß von 1,54 Billionen Euro, entfielen auf österreichische Banken. An zweiter und dritter Stelle folgten Deutschland und Italien mit jeweils etwa 15%. Anfang 2009 hatten österreichische Banken rund 300 Milliarden US-Dollar (228 Mrd. Euro) an Krediten in diesem Raum offen, was 68 % des österreichischen BIPs entspricht.“ (ebd.)

 

3. Der postsozialistische Kreditsektor

Im Sozialismus gab es keine Banken im Sinne des heutigen Sprachgebrauchs. Es gab eine Notenbank, die Geld druckte und nach allen möglichen Gesichtspunkten in die Wirtschaft einspeiste, eine Export-Import-Bank für den Handel mit dem kapitalistischen und irgendwelche Ämter für denjenigen mit dem sozialistischen Ausland. Für die Bevölkerung existierte ein flächendeckendes Netz von Filialen der nationalen Sparkasse. Da konnten sie Sparbücher eröffnen oder irgendwelche Transaktionen vornehmen, die sich partout nicht anders abwickeln ließen. Viel war in diesen Sparkassenfilialen nicht los. Für Bürger eines sozialistischen Landes war es weder üblich, ein Gehaltskonto zu haben, noch gab es eine Notwendigkeit privater Überweisungen. Überhaupt spielte das Geld im Verteilungsschema der sozialistischen Staaten eine untergeordnete Rolle: Wohnungen und Autos wurden zugeteilt, Kinderbetreuung und Urlaube organisierte der Betrieb. Überflüssiges Geld, soweit vorhanden, ließ sich höchstens für den Ausbau der Datscha verwenden, sehr viel andere Möglichkeiten boten sich nicht.

Ein wenig anders war die Lage in Jugoslawien, wo ein Banksektor existierte, der hauptsächlich für die Finanzierung einheimischer Unternehmen zuständig, aber dank Außenhandel und Gastarbeitern in den internationalen Zahlungsverkehr eingebunden war, und wo auch neben der Landeswährung Dinar die DM als Zweitwährung zirkulierte, vor allem im Immobiliensektor. Nach dem Zerfall Jugoslawiens waren es vor allem slowenische Banken, die sich an die kreditmäßige Erschließung des einst gemeinsamen Staatsgebietes machten und dabei eine Brücken- bzw. Pufferfunktion für ausländische Banken erfüllten.

Das einzige Land des RGW, das wegen seines Liebäugelns mit der Marktwirtschaft bereits einige Jahre vor der Wende private Banken zuließ und beförderte, war Ungarn. Diese privaten Banken, die Ausweitung der Geldwirtschaft, IWF-Mitgliedschaft und Staatsverschuldung galten bei westlichen Kommentatoren eine Zeitlang als Pluspunkte Ungarns, das angeblich „schon weiter“ war als seine ehemaligen Bruderländer, haben sich aber im Lauf der Zeit als eine schwere Hypothek bei der Kapitalisierung des Landes erwiesen.

Nach 1989 mußte daher in den vormals sozialistischen Staaten ein Banksektor erst geschaffen werden. Die Sparkassen wurden mit einem völlig neuen Auftrag versehen und umgekrempelt, und jede Menge neue Banken wurden gegründet. Das im Inland fehlende Startkapital wurde durch gute Beziehungen ersetzt, und aus Bankgründungen und dem von diesen Banken geschaffenen Krediten entstanden Firmenimperien – oder auch nicht. Diese Raubritterbanken waren natürlich nicht sehr vertrauenserweckend für die kleinen Leute, und nicht geeignet, sie als Kunden zu werben. Die Einbindung der gesamten Bevölkerung in das Banksystem kam daher nur zögernd voran. Die 90er Jahre waren in den vormals sozialistischen Ländern auch die Ära der Pyramidenspiele, mit denen von irgendwelchen Personen kleine oder größere Vermögen gebildet wurden.
Abgesehen von gesellschaftlich-rechtlichen Holprigkeiten – die Betreiber der Pyramidenspiele und anderer Finanzbetrügereien konnten oft nicht verurteilt werden, weil es die strafbare Handlung, die sie begangen hatten, im Gesetzbuch gar nicht gab –, hatte der Aufbau eines Bankwesens auch seine technischen Hürden: Die gesamte EDV mußte von Null auf installiert werden, was sowohl Geräte, als auch Software, als auch Know-how in der Entwicklung und Bedienung erforderte. Geldausgabe-Automaten, Bankomaten mußten landesweit aufgestellt werden. Auch für Sicherheit mußte gesorgt werden, sowohl was bautechnische Maßnahmen gegen Raub und Einbruch, als auch was Verschlüsselungstechniken für Transaktionen betraf.
Es waren also große Investitionen notwendig. Ein Teil wurde mit Krediten der Weltbank und der EBRD finanziert, aber auch so nahm dieser Aufbau des Bankwesens beinahe ein Jahrzehnt in Anspruch. Selbiges war aber Voraussetzung für die Einbindung dieser Staaten in die Weltwirtschaft, weil die Möglichkeit zu einem verläßlich geregelten und flüssigen grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr eine unverzichtbare Infrastruktur für Firmen darstellt, die sich dort niederlassen oder in diesem Land Geschäfte machen wollen.

Die österreichischen Banken wurden daher von allen mit offenen Armen aufgenommen. Eine biedere österreichische Muhkuh-Bank, wie die Raiffeisen, oder Hypothekenbank, wie die HAA, mit langer Tradition, Berufserfahrung und Eigenmitteln ausgestattet, solider geht es ja gar nicht mehr! Sie brachten größtenteils das Geld mit, das für die entsprechenden Investitionen notwendig war, und belasteten nicht den beschränkten Kredit dieser neuen Mitgliedsstaaten des Weltmarkts.
Außerdem wurde das Interesse einer westlichen Bank – zu Recht – so verstanden, daß diese Bank damit der jeweiligen Regierung ihr Vertrauen aussprach und an die Entwicklung des Landes in Richtung Marktwirtschaft glaubte. Und das war in Zeiten brüchiger Koalitionen, zugesperrter Fabriken und verödender Landstriche, Streikbewegungen usw. ein wichtiges Signal an andere Akteure: internationale Finanzinstitutionen und Unternehmen weltweit.

Die österreichischen Banken haben damit nicht nur sich vergrößert und bereichert: Sie waren ein wichtiges Element in der ökonomischen Eroberung eines Raumes, der dem internationalen Kapital lange Zeit verschlossen gewesen war.

Das hat Abhängigkeiten in beide Richtungen geschaffen. Das Osteuropa-Geschäft ist integraler Bestandteil des Geschäftsgangs der österreichischen Banken, und gleichzeitig sind der Geldumlauf und Kredit mancher Länder völlig von ihnen abhängig:

„Die Region Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE) hat im Verlauf des Jahres 2008 weiter an Bedeutung für Österreichs Banken gewonnen. Die aggregierte Bilanzsumme stieg im dritten Quartal 2008 nach einigen Umstrukturierungen gegenüber dem Vorjahr um annähernd 30 % auf rund € 272 Mrd., wobei sich das Periodenergebnis überproportional um ca. 47 % auf annähernd € 3,45 Mrd. ausweitete.“ (Das heißt auf gut deutsch: Der Gewinn steigerte sich mehr als der Umsatz.)
„Im dritten Quartal 2008 meldeten die österreichischen Banken 69 vollkonsolidierte operative Tochterbanken aus insgesamt 18 Ländern in CESEE. … Gemessen an der Gesamtbilanzsumme österreichischer Tochterbanken zeigte sich im Ländervergleich eine führende Rolle Tschechiens (Gesamtbilanzsumme € 58,5 Mrd.), gefolgt von Rumänien (€ 32,35 Mrd.) und Kroatien (€ 32,26 Mrd.). Zu diesem Ergebnis leisteten die beiden größten Tochterbanken in der Region – beides Töchter der Erste Bank – einen entscheidenden Beitrag: die tschechische Česká spořitelna und die rumänische Banca Comerciala Româna. (BCR). Tschechien erzielte mit rund einem Fünftel den größten Anteil am Periodenergebnis aller österreichischen Banken in der Region, Rumänien hatte mit rund einem Sechstel den zweitgrößten Anteil, gefolgt von Kroatien und Russland (beide rund ein Neuntel). Gereiht nach Größe der Marktanteile österreichischer Töchter in CESEE lag Kroatien an erster, Bosnien-Herzegowina an zweiter und die Slowakei an dritter Stelle. Die österreichischen Töchter, die im jeweiligen Land am meisten zur Größe dieser Marktanteile beigetragen haben, sind die Zagrebačka banka d. d. (UniCredit Bank Austria), die Raiffeisen Bank d. d. Bosnia i Hercegovina (RZB) und die Slovenská sporitel'na a. s. (Erste Bank). … entfällt der Löwenanteil von insgesamt annähernd 88 % der Gesamtbilanzsumme der österreichischen Tochterbanken in CESEE auf die Erste Bank, die Raiffeisen Zentralbank und die UniCredit Bank Austria.“ (Jahresbericht der Finanzmarkt-Aufsichtsbehörde 2008)

Eine Erste Bank-Filiale in Budapest ...

 

und in Gheorgheni (Rumänien)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Was machen die Banken dort eigentlich?

Im Grunde das gleiche wie zuhause.

Da es aber gar nicht zur Allgemeinbildung gehört, zu wissen, womit Banken ihre Geschäfte machen, ein kurzer Überblick: Alle Tochterbanken österreichischer Banken sind Universalbanken, die ein breites Spektrum an Geschäftssparten anbieten. Das wichtigste und größte ist fast überall das, was im heutigen (amerikanisierten) Banken-Jargon „Retail“ oder Privatkunden-Geschäft heißt: Gehaltskonten, Spareinlagen, Bausparverträge, Konsumentenkredite. Dann kommen Geschäftskredite an dortige Firmen, die teilweise die österreichische Zahlungsbilanz verbessern, weil z.B. Exporte in ein osteuropäisches Land nicht über Förderungskredite der Kontrollbank gestützt werden müssen, sondern als dortiges inländisches Kreditgeschäft abgewickelt werden. Weiters übernehmen die Banken die Verwaltung von privaten Vermögen derjenigen Personen, die es in der neu eröffneten Konkurrenz zu etwas gebracht haben und jetzt nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. In denjenigen Ländern, wo das Pensionswesen teilprivatisiert wurde, betreiben die österreichischen Tochterbanken Pensionsfonds. Weiters vermitteln sie Kredite anderer ausländischer Banken oder Entwicklungshilfe-Institute und wickeln diese vor Ort ab. Die russische Raiffeisentochter begibt Firmenanleihen und bietet in der Sparte Anlage verschiedene Investmentfonds an. Sie ist also damit beteiligt an der Schaffung russischer und dem Vertrieb internationaler Wertpapiere. Manche Tochterfirmen betreiben ausgelagerte Leasing-Firmen. Ein neueres Betätigungsfeld der Banken ist das „Factoring“, die Übertragung von Außenständen an einen eigenen Dienstleister, der diese Forderungen dem ursprünglichen Besitzer abkauft und sich dann selber um die Eintreibung der Schuld kümmert. Schließlich wird auch noch unter „Treasury“ die Liquidität von Firmen verwaltet, die damit sicherstellen wollen, Kredite zu den günstigsten Konditionen zu erhalten und keinen müden Euro ungenutzt herumliegen zu lassen. Und selten, aber doch betätigen sie sich selbst als Investoren, also finanzieren Unternehmensgründungen, wie z.B. die Errichtung eines Windparks.

Der wichtigste Bereich aller Banken ist jedoch das Kleinvieh der Privatkunden. Hat man sie einmal über ein Girokonto zu sich in die Bank gelockt, oder eine Firma dazu gebracht, für alle Mitarbeiter Gehaltskonten einzurichten, so eröffnet sich die Möglichkeit, ihnen noch verschiedenste andere Dienstleistungen aufzuschwatzen. Diese Möglichkeiten wurden von den Banken ergriffen und von den Kunden angenommen. Durch die Einführung von Leasing-Verträgen und Gründung von Leasing-Firmen wurden manche Länder auf dem Balkan und in Osteuropa erst zu Automärkten. Die Hypothekarkredite haben erst so etwas wie einen Immobilienmarkt hervorgebracht, zunächst einen florierenden, inzwischen vielerorten einen stagnierenden. Aber auch für die kleinsten Geldbörsen gibt es Angebote: Für den Kauf von Waschmaschinen werden ebenso Kredite vergeben wie für die Erneuerung der Sitzgarnitur.

Richtig ins Flutschen gekommen sind diese Kredite durch eine besondere Form der Finanzierung:

 

5. Ein österreichischer Exportschlager: Die Fremdwährungskredite

5.1. Fremdwährungskredite in Österreich

Zunächst verbreiteten sich die Fremdwährungskredite in Österreich, vor allem als Kreditexport von Schweizer Banken:

„Für die öffentliche Hand ist die Finanzierung in fremder Währung bereits seit Jahrzehnten üblich. Ab Mitte der Neunzigerjahre ist in Österreich auch die Höhe der durch Unternehmen und private Haushalte aufgenommenen Fremdwährungskredite deutlich gestiegen. … Etwa ab dem Jahr 1995 begannen Unternehmen und Haushalte auf breiter Basis ihre Kredite in Fremdwährung — hauptsächlich in Schweizer Franken und zuletzt verstärkt auch in japanischen Yen — aufzunehmen. Insgesamt bestanden zwischen Ende 1995 und Mitte 2002 mehr als die Hälfte der Zunahme der Kredite der österreichischen Banken an Unternehmen und nahezu zwei Drittel der Zunahme der Kredite an Haushalte aus fremder Währung. In diesem Zeitraum hat sich das Volumen der aushaftenden Fremdwährungskredite mehr als verfünffacht, was einer durchschnittlichen Jahreswachstumsrate von 29 % entsprach.
In einigen Quartalen betrug der Fremdwährungsanteil der Nettoveränderung der Bankkredite mehr als 100 %, das heißt, in diesen Perioden wurden jedenfalls netto Schilling- bzw. Eurokredite in Fremdwährungsfinanzierungen umgeschichtet. Zu Jahresmitte 2002 waren 19.4 % der Forderungen an Unternehmen und 24.1 % aller Kredite an private Haushalte bereits in Fremdwährung denominiert.“ (ÖNB Finanzmarktstabilitätsbericht 4. Fremdwährungskredite in Österreich — Effizienz- und Risikoüberlegungen)

Bei einem Fremdwährungskredit wird die Stabilität der Währung, also geringe Inflationsrate und das Zinsniveau eines Landes selber zu einem Exportartikel. Der österreichische Staat nahm lange Kredite in Fremdwährungen auf, um die eigene Währung, den Schilling, dadurch zu stabilisieren. Unternehmen bedienten sich einer im internationalen Zahlungsverkehr verbreiteteren Währung als des Schillings, um ihre Zahlungsfähigkeit zu erweitern. Für den Privathaushalts-Kreditnehmer schließlich waren diese Kredite ab einem gewissen Zinsniveau-Unterschied trotz der höheren Gebühren immer noch günstiger als Eigenwährungskredite. Sie nehmen dafür auch das Wechselkursrisiko in Kauf: Wird die Landeswährung im Vergleich zur Fremdwährung abgewertet, so verteuert sich der ganze Kredit, also nicht nur die zu bedienenden Zinsen, sondern auch die Tilgung selbst.

Als Österreich noch den Schilling hatte, der vertraglich an die DM gebunden war, war dieses Risiko recht gering. Es war nicht zu erwarten, daß der Schilling plötzlich abstürzen würde.

Mit der Einführung des Euro änderte sich das ganze Panorama. Die österreichische Währung war zwar jetzt echtes Weltgeld, die nicht der Stabilisierung durch Fremdwährungskredite bedurfte. Dennoch verlief die Entwicklung in der Eurozone derart, daß die bereits gut eingeführten Fremdwährungskredite weiterhin ein Renner blieben: Das Währungsrisiko wurde ebenfalls als gering eingestuft, in Sachen Inflation und Zinsniveau hatten der Franken und der Yen weiterhin die Nase vorn. Die Fremdwährungskredite blieben populär, obwohl sie von internationalen Finanzinstitutionen und inzwischen auch der einheimischen Bankenaufsicht als Achillesferse des österreichischen Kreditwesen angesehen werden.

Die Fremdwährungskredite enthalten nämlich ein handfestes Risiko für die sie vergebenden Banken, auch wenn sie ordentlich bedient werden, also der Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen pünktlich nachkommt: Erstens hat die Bank selbst den Kredit in Fremdwährung aufgenommen, er wird aber in Landeswährung bedient. Das kann zu Liquiditätsproblemen der Bank führen, da die Bank ja langfristige Außenstände in Fremdvaluta hat, die ihrerseits wieder mit einem Kredit bei der Nationalbank abgesichert sein müssen. Das diesbezügliche Risiko steigt mit der Anzahl von dergleichen Krediten. Zweitens besteht ein zusätzliches Risiko dadurch, daß die Fremdwährungskredite in Österreich als endfällige Kredite vergeben wurden. Das heißt, daß während der gesamten Laufzeit von 20-25 Jahren nur die Zinsen auf ein Kreditkonto gezahlt werden. Daneben wird ein zweites Konto eingerichtet, ein sogenannter „Tilgungsträger“, meist eine Lebensversicherung, auf die die monatlichen Tilgungsraten einbezahlt werden. Ein Grund für diese komplizierte Konstruktion ist, daß wegen Währungsschwankungen die Tilgungsraten in der Fremdwährung schwanken und daher für den Kreditnehmer nicht kalkulierbar sind, während auf das Tilgungskonto jährlich vereinbarte fixe Raten eingezahlt werden. (Diese Kreditform ist nur in Österreich üblich, in Osteuropa muß der Kreditnehmer sich mit diesen Schwankungen herumplagen, weil diese Doppelgleisigkeit dort vom Gesetz her gar nicht möglich war.) Außerdem wurde in Vorkrisen-Zeiten angenommen, für das Geld Anlagemöglichkeiten finden zu können, die zusätzliche Einkünfte für beide Seiten zur Folge haben würden. Aufgabe der Bank war es, für das auf dieses Tilgungskonto eingezahlte Geld Anlagemöglichkeiten zu finden, die zumindest gleich rentabel sind wie der Kredit verzinslich ist. Und das ist in Zeiten der Krise und des sich verknappenden Kredits eine schwierige Aufgabe. Wenn das Tilgungskonto jedoch hinter der Kreditsumme zurückbleibt, so muß der Schuldner die Differenz tragen.

Dazu kommt noch ein erhöhtes Ausfallsrisiko: Sollten sich durch Verfall der Landeswährung die Kreditraten erhöhen, so ist die Bedienung des Kredits durch den Schuldner gefährdet, selbst wenn sich an seiner Einkommensfront keine Katastrophen ereignen.

In Österreich gibt es ca. 250.000 solcher Kreditverträge, die inzwischen mehr oder weniger verboten sind und auch teilweise umgeschuldet werden.

Die Einführung des Euro gab den österreichischen Banken die Möglichkeit, jetzt selber diese Art von Kreditexport zu betreiben und die Fremdwährungskredite in den Osten weiterzugeben.

 

5.2. Die osteuropäischen Währungen

Das Geld erfüllte in den sozialistischen Staaten nur einige der Geldfunktionen, die es in kapitalistischen Staaten hat. Es war vor allem Kaufmittel für die Gegenstände des täglichen Bedarfs. Zur Wertaufbewahrung taugte es wenig, weil sein Wert überhaupt zweifelhaft war, und es auch dieses Bedürfnis nach Schatzbildung gar nicht gab. Da es bei der Produktion nicht ums Geschäftemachen ging, war auch die Funktion als Zahlungsmittel nicht gefragt. Als Maß der Werte und Maßstab der Preise hätten es die Leiter der diversen Planungskommissionen gerne gesehen, in Ermangelung eines Marktes, an dem sich der Wert bildet, kam auch diese Funktion nicht zustande, dafür aber jede Menge Preisreformen, um doch noch den „wahren Wert“ zu ermitteln. Auch seine Eignung zum Zirkulationsmittel war beschränkt, in einer Welt, wo man oft Mangelwaren wie zum Beispiel Klopapier nur über gute Beziehungen erhielt, Wohnungen über die Arbeitsstelle zugeteilt wurden und Nylonstrümpfe nur in Devisengeschäften erhältlich waren. Und was es schon gar nicht war, war Weltgeld: Es war nicht konvertibel.

Als diese Staaten nach 1989 mit diesem Monopoly-Geld auf den Weltmarkt traten, war Konvertibilität das erste Gebot der Stunde. Durch den politischen Beschluß der imperialistischen Staaten, sich dieser Länder zu bemächtigen, verliehen die internationalen Währungsinstitutionen diesen Geldern durch Kreditierung den Status von Währungen: Sie erhielten mit den entsprechenden Auflagen Kredite, die ihnen eine Devisenschatz zur Verfügung stellten, um für das jeweilige Land einen internationalen Zahlungsverkehr zu ermöglichen. Für die meisten Staaten war das der Anfang der Auslandsverschuldung, für einige wenige deren Fortsetzung.

Diese Währungen sind also von außen qua politischen Beschluß gestützt und diese Unterstützung wird auch erneuert, weil diese Staaten ja eine Währung haben sollen und müssen, um als Weltmarktteilnehmer tauglich zu bleiben. Gleichzeitig sind sie wie alle Währungen Objekte der Spekulation. Sobald über ein Land schlechte Nachrichten auftauchen, so greift die Besorgnis um sich, daß dieses Land seine internationalen Zahlungsverpflichtungen nicht oder zumindest nicht fristgerecht erfüllen kann und jeder versucht sich dieser Währung zu entledigen. Es ist aber umgekehrt nicht so, daß gute Nachrichten über ein solches Land – es hätte die Krise gut bewältigt, es legt ein höheres Wachstum hin, usw. – den Status der Währung dahingehend aufzubessern, daß dem Zloty oder der tschechischen Krone auf einmal der Status eines Weltgeldes zugesprochen würde. Diese Währungen sind von Anfang an mit dem Makel behaftet, als Geschöpfe fremder Souveräne eingerichtet zu sein und ihren Wert nur über andere Währungen vermittelt zu erhalten.

 

5.3. Die Fremdwährungskredite in (Süd-)Osteuropa

Die Fremdwährungskredite in Osteuropa treffen also auf ein anderes Umfeld als in Österreich. Das Währungsrisiko ist hier ungleich größer, – obwohl sich wegen der Eurokrise diese Kredite auch in Österreich verteuert haben, und als Problem besprochen werden.

In vielen osteuropäischen Ländern ist die Abwertungsgefahr ständig präsent. Bei den Fremdwährungskrediten ist das Wechselkursrisiko also außerordentlich hoch. Dennoch waren diese Kredite in manchen Ländern die einzige Möglichkeit, ein Kreditgeschäft überhaupt zustande kommen zu lassen.

Zur Erläuterung einige Daten über Leitzinsen (Stand 2010): Während der Leitzins in den USA zwischen 0,25 und 0,75 %, in Japan 0,1 %, in der Schweiz 0,25 % und in der Eurozone 1 % beträgt, liegt er in Ungarn derzeit bei 5,25 %, war aber vor eineinhalb Jahren auf 11,5%. In Rußland beträgt er 7,75 %, in Polen 3,5 %, in der Ukraine 8,5 %, in Serbien 8 %, in Weißrußland 12,5 %, in Rumänien 6,25%. (www.leitzinsen.info) Zu den nationalen Differenzen im Leitzinssatz gesellen sich auch noch die Schwankungen: Während der Leitzins in Japan seit eineinhalb Jahren konstant ist, vollführen die ungarischen Notenbankchefs seit Jahren heftige Leitzinsbewegungen, um Kapitalflucht oder Abwertung zu begegnen. Dieses Risiko der Zinsschwankungen wird von den Banken nicht übernommen, sondern an die Kunden weitergegeben. Wenn also jetzt jemand zum Beispiel in Ungarn einen Hypothekarkredit in Forint aufnehmen will, so müßte er dafür 5,25 % Verzinsung in Kauf nehmen, mit dem Risiko, daß sich der Zins innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit verdoppeln könnte. Dagegen winkt ein Fremdwährungskredit mit stabilen 0,1 – 1%.

Hier ist auch noch einmal zwischen den zwar günstigeren Franken, Yen und Dollar einerseits und dem Euro andererseits zu unterscheiden: Die Schweiz, Japan und USA sind sozusagen „echtes“ Ausland, während EU-Mitgliedsstaaten wie Ungarn, Polen oder Rumänien, oder auch (das an den Euro besitzende Montenegro angrenzende) Kroatien von der Hoffnung beseelt waren, den Euro bald auch zu erhalten. Kreditnehmer in solchen Ländern wiegten sich also in der trügerischen Sicherheit, diese Kredite dann, wenn es soweit ist, in „normale“ Kredite umwandeln zu können. Diese Hoffnung wurde natürlich auch von den Banken bei den Kunden genährt.
Man muß hier auch noch anmerken, daß bezüglich Kredit überhaupt und Fremdwährungskrediten im besonderen in Osteuropa eine gewisse Naivität vorgeherrscht hat. Nicht nur die Kunden waren der Auffassung: Kommt vom Westen, muß daher gut sein!, sondern auch die Bankangestellten selber übernahmen dieses Importprodukt relativ sorglos, als eine in Österreich gut eingeführte und bewährte Angelegenheit, und ohne ein Bewußtsein der größeren Risiken, die diese Kreditform in einem Land wie z.B. dem ebenfalls heftig betroffenen Kroatien bedeutet.

Mit der Finanzkrise sind jetzt sämtliche Sollbruchstellen der Fremdwährungskredite aufgegangen. Besonders betroffen ist Ungarn, wo 70 % aller Konsumentenkredite und 90 % aller Hypothekarkredite auf solche Fremdwährungskredite entfallen. Der Forint wurde abgewertet, die Zahlungsschwierigkeiten nehmen zu. Die Schuldner können die Kredite nicht bedienen, die Banken sie nicht abschreiben. Delogierungen nehmen zu. Die Regierung würde sie gerne in Forint-Kredite umschulden. Aber erstens ist das kostspielig und wer trägt die Kosten? Zweitens wurden diese Kredite ja in Fremdwährung aufgenommen, weil sie in Forint noch weniger bezahlbar wären. Verbieten kann die Regierung diese Kreditform auch schlecht, da sie ja selber Anleihen in ausländischen Währungen begibt und es eine sehr schiefe Optik hätte, wenn ein Staat sich selber etwas vorbehält, was er seinen Bürgern untersagt: Die Frage würde sofort gestellt, ob dieser Staat überhaupt noch irgendeinen Kredit hat.

Weißrußland und die Ukraine haben jedenfalls solche Verbote erlassen, und in Österreich selbst werden Bestimmungen überlegt, den osteuropäischen Tochterbanken zumindest die Vergabe von Franken- und Yen-Krediten zu untersagen.

„Rund 120 Mrd. Euro haben die österreichischen Banken in Ost- und Südosteuropa in fremder Währung verliehen. Das sind immerhin knapp 50 Prozent des gesamten Kreditobligos, das die Osttöchter von österreichischen Banken in der Region aushaftend haben. Das Fremdwährungskreditvolumen in der Region Ost- und Südosteuropa sei zuletzt bereits rückläufig gewesen, berichtet die OeNB.“ (APA, 3.3. 2010)

Eine Filiale der Uni Credit in Budapest

 

6. Krisenbewältigung

6.1. Staatliche Vorgaben und Hilfestellungen in den 90-er Jahren und später …

Die Selbstliquidation der SU und der Zusammenbruch des Ostblocks vor mittlerweile 20 Jahren ebenso wie die geforderte und so gut es eben ging geförderte Zerstörung Jugoslawiens wurde von Österreich als historische Chance genommen, durch die Öffnung der vormaligen „toten“ Grenze nach Osten die eigene europäische „Randlage“ zu überwinden und ökonomisch nach (Süd-)Osten zu expandieren. Nachdem von Anfang an klar war, daß das maßgebliche Subjekt der Neugestaltung Osteuropas die EU sein würde, war der österreichische EU-Beitritt 1995 umso dringlicher. Die Ost-Erweiterung der EU von 2004 wurde hierzulande entsprechend begrüßt; sie gilt als noch nicht abgeschlossen – es fehlt aus österreichischer Sicht der Balkan, speziell Kroatien.
Das Land hat seine Bilanzen durch den Beitritt und den Aufbruch nach Osten nachhaltig verbessert, seit Ende der 90er Jahre ist die vorher durchgängig negative Handelsbilanz positiv, die Zahlungsbilanz seit 2002; und Österreich ist durch die Ost-Kreditierung zum Kapitalexporteur geworden.

„Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner zählt Österreich heute zu den reichsten Staaten sowohl der EU als auch der ganzen Welt. Österreich liegt beim BIP je Einwohner bereits an der 4. Stelle in der EU. Deutschland – der wichtigste Handelspartner – ist an der 10. Stelle. Weltweit liegt Österreich am 10. Platz.“ („Das ist Österreich. Wirtschafts- und Arbeitsstandort“ Wirtschaftskammer Österreich 2008)

Die „Summe der Aktiva“ der österreichischen Banken insgesamt hat sich von 1998 bis 2008 auf 1000 Mrd. Euro mehr als verdoppelt, die „Summe der Auslandsaktiva“ auf 370 Mrd. Euro mehr als verdreifacht, bei einer Verdopplung der „Summe der Auslandspassiva“ im selben Zeitraum auf 260 Mrd. (ÖNB)

Dafür wurde einiges unternommen:

Die Steuerreform bzw. das Stiftungsrecht 1994 mit der Zielrichtung, auswärtigem Geld vor allem in Sachen Verschwiegenheit Bedingungen wie die Schweiz zu bieten, aber eben innerhalb der EU und alsbald in Euro.
Die Steuerreform 2005 mit Einführung der „Gruppenbesteuerung“ – eine Ermunterung an expandierende Unternehmen, die „strategischen“ Verluste von auswärtigen Tochterfirmen bei der Eroberung neuer Märkte in Österreich zu verrechnen und von der Steuer abzusetzen.

Ebenso die kontinuierlichen Privatisierungen der letzten 20 Jahre: Neben den ehemals verstaatlichten Banken die OMV, VOEST, Telekom, Post, AUA, regionale Energieversorger – alle mit dem Auftrag, zu expandieren. Für diese Expansion der österreichischen Unternehmen war diejenige der Banken Voraussetzung und Grundlage.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen:

„Immerhin haben die österreichischen Banken im dritten Quartal 2008 nach Zahlen der BIZ rund 201 Mrd. Euro im Osten verborgt gehabt, knapp drei Viertel entfielen auf Länder innerhalb der EU. 50 Milliarden lagen im Osten außerhalb der EU. Zählt man noch die in Auslandsbesitz befindliche … Bank Austria/UniCredit dazu, belief sich das Exposure im Osten auf 300 Mrd. Euro. Ende September hielt Österreich damit 20 Prozent am Gesamtexposure ausländischer (EU-15) Banken im Osten. Samt Bank Austria und der in Südosteuropa aktiven Hypo Alpe Adria  waren es 28 Prozent.“ (Wirtschaftsblatt 27.2.09)

Zum Vergleich: Der österreichische Anteil am gesamteuropäischen Bruttosozialprodukt liegt knapp unter 3%; das österreichische Bruttosozialprodukt 2008 betrug 280 Mrd. Euro, der Budget-Entwurf für 2010 sieht staatliche Ausgaben von 70 Mrd. Euro vor.

Österreich war und ist also zwar großer Nutznießer dieser „Transformation“ bzw. der Spekulation auf dort „blühende Landschaften“, es ist aber nicht imstande, mit eigenen Mitteln die anstehende bzw. laufende Bereinigung/Sortierung/Sanierung zu organisieren, und rief deshalb Besorgnis bezüglich der Fähigkeit hervor, die eigenen Banken zu stützen.

 

6.2.  … und Schadensbegrenzung 2008-2010

a) national

Die Krise belehrte darüber, daß Österreich „auf den Kapitalmärkten immer als Anhängsel Osteuropas gesehen wurde.“ (profil 8/09)

Der von den österreichischen Politikern, unter Führung von Finanzminister Pröll eingeleitete Versuch, die „neuen Nachbarn“ um sich zu scharen, eine kleine österreichische Einflusssphäre innerhalb der EU zu organisieren, um einen gemeinsamen Standpunkt mit Blick auf ein Unterstützungsprogramm der EU zu formulieren, ist nirgends, weder in den alten noch in den neuen EU-Staaten, gut angekommen:

„Auch auf seiner Besuchstour in Osteuropa stieß Finanzminister Josef Pröll auf offenes Desinteresse. Diese Reaktion sei nur eine Momentaufnahme, ist der Vizekanzler überzeugt: »Die Stabilität so naher Märkte ist für alle von Bedeutung, besonders für exportorientierte Länder wie Deutschland oder Frankreich.« Genau deshalb wäre die Suche nach Verbündeten im Westen erfolgversprechender als die Reise in den Osten.“ (profil 8/09)

Dem Plan Prölls, bereits mit Ost-Verbündeten im Westen aufzukreuzen, wurde von diversen osteuropäischen Politikern eine Absage erteilt. Die Angesprochenen waren skeptisch, was es ihnen helfen würde, unter österreichischer Regie zu betteln, und sie wollten auch nicht mit den Pleite-Kandidaten in einen Topf geworfen werden. Die Zweifel an der österreichischen Kreditwürdigkeit kulminierten in der Spekulation um die anstehende Pleite des gesamten österreichischen Banksektors, u.a. durch Vergleiche mit Island, von einem Nobelpreisträger ausgebreitet und vom IWF munitioniert; dessen Chef Strauss-Kahn lieferte später einen Widerruf – es hätte sich um einen „Rechenfehler“ gehandelt – ab.

Die österreichische Regierung schnürte im Herbst 2008 ein eigenes „Bankenpaket“ in der Höhe von maximal 100 Mrd. (75 Mrd. für Garantien, 10 Mrd. Einlagensicherung, 15 Mrd. Kapitalspritzen); davon wurden bis Ende 2009 35 Mrd. budgetwirksam tatsächlich in Anspruch genommen. 2008 mußte die „Kommunalkredit“ als erstes Opfer der Finanzkrise verstaatlicht werden, so wie Ende 2009 nach einem Streit mit Bayern über die Schadensverteilung auch die „Hypo-Group-Alpe-Adria“. Die kleinere bankrotte „Privatbank Constantia“ wurde zwischendurch mit Hilfe staatlicher Haftungen von fünf Großbanken übernommen, da ihr Konkurs die Stabilität des Finanzplatzes Österreich gefährdet hätte.

Nach der Ablehnung der ungarischen Forderung nach einem europäischen Europa-Hilfsfonds, aber der Erklärung des EU-Gipfels Anfang März 2009, im „Einzelfall“ zu helfen, hat sich die Lage beruhigt. Inzwischen sind andere Staaten ins Visier der Börsenhändler und internationalen Aufsichtsbehörden geraten.


b) supranational

Der Bankensektor war aber längst selber tätig geworden. Vermutlich auf Anregung österreichischer Banken kam Anfang 2009 die „Europäische Bankkoordinations-Initiative“ („Wiener Initiative“) ins Rollen. Mit Garantien und gegenseitigen Unterstützungserklärungen des IWF, der Weltbank-Institutionen, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und der Europäischen Investitionsbank (EIB) sowie derjenigen 15 europäischen Banken, die in den ehemals sozialistischen Staaten am stärksten engagiert sind, wurde eine Art Kreditstützungs-Paket geschnürt.

Es wäre ja in niemandes Interesse, weder der restlichen europäischen Banken, noch der Politiker, und auch nicht der Anleger und Kreditnehmer hüben und drüben, wenn der Bankplatz Österreich auf einmal zusammenbrechen und ganz Ost-Mittel- und Südosteuropa mit sich reißen würde.

Daß dergleichen bitter vonnöten war, zeigen die Vorgänge um die Hypo Group Alpe Adria, die nicht nur den Bankplatz Österreich gefährdet haben und deren Auswirkungen auf Staats-, Landes- und Kommunalkredit noch nicht absehbar sind, die aber auch aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der HGAA den Kreditüberbau und damit auch die Wirtschaft Kroatiens in gröbere Schwierigkeiten gebracht haben.

Also wurden ohne großes Getöse – der Kredit sowohl einer Bank als auch eines Staates leidet unter zuviel Gerede – zunächst 27 Milliarden Euro irgendwie „zur Verfügung gestellt“, d.h. von den diversen Banken und Kreditinstitutionen geschöpft oder geschaffen und durch gegenseitige Absprachen garantiert.
Seither hat es einige Folgetreffen dieser Initiative gegeben, wo alle diese Garantien bekräftigt wurden. Für Ungarn und Lettland kam es 2009, für Rumänien 2010 zu gesonderten Erklärungen: Kapital wird möglichst nicht abgezogen. Faule Kredite werden kontrolliert, im Zuge einer Bilanzenbereinigung abgeschrieben; auch die Vergabe weiterer Kredite soll nicht völlig ins Stocken geraten.

Außerdem hat eine der Suborganisationen der Weltbank Anfang 2010 ein spezielles Institut in Wien eingerichtet, das sich mit dem Aufkaufen von uneinbringlichen Krediten befassen soll. Die Verantwortlichen erwarten sich dabei ein neues Geschäftsfeld, da die irgendwie geordnete Abwicklung geplatzter Kredite die einzige Chance für die gescheiterten Schuldner ist, jemals wieder zu Kredit zu kommen. Ob eine genügend große Anzahl solcher Habenichtse diese „Gelegenheit“ nutzen können wird, wird sich weisen.

Die bisherigen Maßnahmen dieser Initiative werden Ende 2010 auslaufen, die Initiatoren stellen inzwischen, zuletzt bei einer Tagung im September, die Weichen für ein neues „Wachstums“-Modell.

Fazit. Was vor einem Jahr noch gar nicht klar war: Die Leistungen Österreichs und seiner Unternehmer bei der Erschließung des postsozialistischen Wirtschaftsraums werden von allen Beteiligten und auch Betroffenen gewürdigt und mit Unterstützung im Augenblick der Not belohnt, – wodurch festgeschrieben wird, daß möglichst alles so weitergehen soll wie bisher und die österreichischen Banken weiterhin die Nutznießer des Kredits bleiben, den sie in den Nachbarstaaten eingerichtet haben und betreuen.

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*1) siehe dazu den Artikel aus Gegenstandpunkt 3/2010: Die Pleite der Hypo Alpe Adria

*2) Wenn mans genau nimmt und die BA-CA als österreichischen Zweig einer ausländischen Bank einstuft, so ist die Erste Bank inzwischen die größte österreichische Bank.

 

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Der Artikel wurde verfaßt im November 2010.

Eine Art Update 2016

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