Protokoll 35 16. KAPITEL: Verschiedne Formeln für die Rate des Mehrwerts Marx führt hier diese etwas verwirrenden Formeln ein, um wieder einmal auf den grundlegenden Umstand hinzuweisen, daß immer die Mehrarbeit ins Verhältnis zur aufgewendeten Arbeitskraft gesetzt werden muß. M. hat recht: Produktenwert (das, worum das ganze verkauft werden kann) minus Mehrwert = Kostpreis, also was die Herstellung gekostet hat. „Es wird natürlich unterstellt, daß unter Wert des Produkts nur das Wertprodukt des Arbeitstags zu verstehn, der konstante Teil des Produktenwerts aber ausgeschlossen ist.“ (S, 553, Absatz 5) Es wird also hier noch einmal darauf hingewiesen – auch als Prüfung, ob man vorher aufgepaßt hat! – daß als Wertprodukt nur das Produkt der lebendigen, zugesetzten Arbeit verstanden wird, die im Wert der fertigen Ware enthaltene tote vergegenständlichte Arbeit jedoch nicht enthalten ist. Also weder der Wert der Rohstoffe noch die Wertübetragung der Maschinen, noch die aufgewendete Energie. Auch wenn man nur v bzw. den Arbeitstag als Grundlage nimmt, so macht es einen Unterschied ums Ganze, ob man die Mehrarbeit in ein Verhältnis zum Arbeitstag setzt, oder ins Verhältnis zur notwendigen Arbeit (bzw. dem Arbeitslohn). In ersterem Falle ist die Formel bei einem Arbeitstag von 6 : 6 (nw. Arbeit : Mehrarbeit) 12 Stunden zu 6 Stunden, also 2: 1, also 50%, setzt man aber nw. Arbeit ins Verhältnis zur Mehrarbeit, so ist sie 100%. Die Apologeten des Kapitals beharren also auf der Formel, die die Mehrarbeit ins Verhältnis zum Arbeitstag setzt, weil sich da das Verhältnis arbeiterfreundlicher ausdrückt. „Verschwindet aber die notwendige Arbeit, so verschwindet auch die Mehrarbeit, da letztre nur eine Funktion der ersten.“ (S, 554, Absatz 2) Bei den Rechnereien, die offenbar zu Marx’ Zeiten ganz und gäbe waren, ging es darum, die Mehrwertrate gering zu halten dadurch, daß man möglicht viel auf die andere Seite stellte. Das ganze verkehrte Verhältnis verzerrt sich natürlich bei steigender Mehrwertrate noch mehr. Bei den verzerrten Formeln der Berechnung der Mehrwertrate geht es auch um den Schein, daß es sich hier um ein gedeihliches Verhältnis zwischen Arbeiter und Kapitalist handelt, die sich sozusagen irgendwie einvernehmlich das Wertprodukt, also die zugesetzte Arbeit, aufteilen. DISKUSSION: Die anerkannten Formeln Formeln der Mehrwertrate zielen allesamt daaruf hin, das Verhältnis von Kapitalist und Arbeiter als gedeihliche Zusammenarbeit beider darzustellen. Die Former III – wo das Verhältnis von notwendiger zu Mehrarbeit zwar korrekt bestimmt, aber irreführend benamst wird – verleitet nach Marx dazu, daß das Mißverständnis entstehen könne, daß die Arbeit und nicht die Arbeitskraft bezahlt wird. Damit wird also die ganze Grundlage des Kapitalismus, die auf dem Äquivalenten-Warentausch beruht, geleugnet und in ein Verhältnis von ungleichem Tausch verwandelt, wo der Arbeiter – im Gegentausch für irgendwelche imaginären Vorteile – sich dem Diktat des Kapitals unterwirft. Diese Formel ist also der Ausgangspunkt für die verkehrte und die „Ungerechtigkeit“ anklagende Kritik der Ausbeutung, die in der Sozialdemokratie usw. zum Ausgangspunkt der Kritik gemacht worden ist Demgegenüber hält Marx fest: „Das Geheimnis von der Selbstverwertung des Kapitals löst sich auf in seine Verfügung über ein bestimmtes Quantum unbezahlter fremder Arbeit.“ (S, 556, Absatz 3) Es ist als die Verfügung des Kapitals über die Arbeit, die ihm Reichtum verschafft, und nicht irgendein Gesellschaftsvertrag zum gedeihlichen Fortkommen der Armen und der Reichen, wie es die Verteidiger der Klassengesellschaft verkünden. Diese Überlegungen der Ideologien über den Mehrwert leiten über zum nächsten Kapitel: Wie wird eigentlich die notwendige Arbeit bestimmt und entlohnt, die ja die Grundlage der ganzen Mehrwertproduktion ist? Marx meint auch, daß er bisher über den Mehrwert alles gesagt hat, also darüber, wie das Verhältnis von notwendiger Arbeit zu Mehrarbeit bestimmt wird, und welche Konsequenzen das hat. Aber wie die notwendige Arbeit bestimmt wird, bzw. was dem Arbeiter vom Kapital als Existenzgrundlage zugestanden wird – das war bisher noch nicht explizit Thema. So machen wir den Übergang zum nächsten Abschnitt, dem ARBEITSLOHN. |