Protokoll 18 7. KAPITEL: Die Rate des Mehrwerts 1. Der Exploitationsgrad der Arbeitskraft „Das Kapital C zerfällt in zwei Teile, eine Geldsumme c, die für Produktionsmittel, und eine andre Geldsumme v, die für Arbeitskraft verausgabt wird; c stellt den in konstantes, v den in variables Kapital verwandelten Wertteil vor. Ursprünglich ist also C = c + v, z.B. das vorgeschoßne Kapital von 500 Pfd.St. = 410 Pfd.St. + 90 Pfd.St. Am Ende des Produktionsprozesses kommt Ware heraus, deren Wert = c + v + m, wo m der Mehrwert, z.B. 410 Pfd.St. + 90 Pfd.St. + 90 Pfd.St. Das ursprüngliche Kapital C hat sich in C' verwandelt, aus 500 Pfd.St. in 590 Pfd.St. Die Differenz zwischen beiden ist = m, einem Mehrwert von 90.“ (S 226, Absatz 2) Was hier wie eine Rechnerei, oder wie Marx selbst meint, eine Tautologie aussieht, hat es in der Tat in sich. Für die Mehrwertrate, also den Exploitationsgrad der Arbeit, ist die Höhe von c völlig gleichgültig. Sogar wenn kein c da wäre (z.B. irgendeine Form von Bergbau), so zählt eben nur das Verhältnis von Arbeitslohn und Mehrprodukt (= der über die Reproduktion der Arbeitskraft/Arbeitslohn hinaus geschaffene Wert.) „das Verhältnis, worin sich der Wert ändert, werden dadurch verdunkelt, daß infolge des Wachstums seines variierenden Bestandteils auch das vorgeschoßne Gesamtkapital wächst.“ (S 228, Absatz 2) Die Schwierigkeit besteht darin, daß sich die Mehrwertrate als auf das ganze Kapital umgerechnet mit jedem Produktionszyklus ändert und deshalb immer wieder neu berechnet werden müßte, weshalb es sich manchmal als praktisch erweist, c = 0 zu setzen oder zu vernachlässigen. In dem Augenblick, in dem die Arbeitskraft eingekauft wird, ist es eine konstante Größe. Erst in ihrer Anwendung wird es variabel, das ist nichts Selbsttätiges, sondern hängt vom Kapitalbesitzer ab, wieviel er herausholt, (und vielfach auch von der Arbeitskraft, wie sehr sie sich ausquetschen läßt). Der nächste Absatz (S 220, Absatz 2) begründet nur, warum man zur Untersuchung der Mehrwertrate vom konstanten Kapital abstrahieren kann, ja vielleicht sogar muß, um sich vor Augen zu halten, daß der Gewinn nur aus der profitablen Anwendung der Arbeitskraft erzielt wird. GEDANKENEXPERIMENT: Würden alle Kapitalisten gleichzeitig die gleichen neuen Maschinen kaufen, so hätte niemand einen Vorteil: weder der individuelle Kapitalist, der weder Marktanteile erobert noch Extraprofit macht, noch der Arbeiter, der genauso lange für gleichen Lohn, aber dafür intensiver arbeiten müßte. Die Nachteile wären jedoch offensichtlich: Die Mehrwertrate bliebe gleich, die Profitrate verringerte sich, die Stückzahl erhöhte sich, und es gäbe Überproduktion. Das, was als Arbeitslohn gezahlt wird, wird auf dieser Stufe der Analyse gleichgesetzt mit dem Wert der zur Reproduktion notwendigen Lebensmittel, und es wird so getan, als sei das eine objektive Größe. Die Perfidie des Lohnsystems besteht aber darin, daß das eben das Problem des Lohnarbeiters ist, ob und wie er mit dem Geld auskommt. Man kann auch beobachten, wie flexibel der Begriff „Reproduktion“ ist in Zeiten, wo Arbeit knapp wird und die industrielle Reservearmee auf den Preis der Arbeitskraft drückt. Wo kommen sie denn her, die „working poor“ heute? DISKUSSION Die Rate des Mehrwerts mit der Profitrate verwechseln eben diejenigen Ökonomen gerne, die den Unternehmer als eine Art Retter der Menschheit darstellen, der mehr oder weniger das gesamte konstante Kapital selbst geschaffen hat und für seine aufopfernde Tätigkeit doch einen klitzekleinen Profit verdient hat. So wer scheint Herr Carey auch gewesen zu sein ... Wenn der Reproduktion des Arbeiters 60 Pfund kosten würde und ihm würden dennoch 90 gezahlt, so würde das nichts daran ändern, daß er 180 schafft, also wertmäßig das Doppelte der Lohnsumme an den Unternehmer abliefert. Der Exploitationsgrad hätte sich nicht geändert, sondern nur seine Reproduktionsfähigkeit: Er könnte sich mehr Smartphones oder Cheeseburgers kaufen. Würde sich der Arbeitslohn den gesunkenen Kosten seiner Reproduktion anpassen, er nur mehr 60 Pfund erhalten, aber 180 Pfund Wert schaffen, so wäre die Mehrwertrate 200 %. Die Rechnereien, die jetzt folgen, sollen offenbar die damaligen Verhältisse illustrieren und zeigen, wie man die Mehrwehrtrate errechnet, in Zeiten, als es noch keinen Taschenrechner gab. |