III. DIE HANDELSTÄTIGKEIT GEORG SINAS

 

1. Der Tabakhandel

 

1.1. Vorgeschichte: Tabak, Händler und Tabak-Gefälle

Die ungarische ständische Verfassung verhinderte die Einführung des in den Erblanden bestehenden Tabakmonopols in Ungarn. Das bedeutete, daß die ungarischen Pflanzer nicht darauf verpflichtet werden konnten, ihren Tabak dem Gefälle zu verkaufen und daß dieses daher mit privaten Händlern konkurrieren mußte. Gleichzeitig stammte der inländische Tabak beinahe ausschließlich aus Ungarn. Sonst wurde noch in Galizien in größerem Umfang Tabak angebaut, ferner in Tirol und der Steiermark, vermutlich auch in Italien, aber in sehr geringen Mengen. Die Form, wie der ungarische Tabak aus den Händen der Pflanzer in die Fabriken des Tabakgefälles gelangte, beziehungsweise gelangen sollte, war durch Lieferverträge an einen Zwischenhändler, der sich verpflichtete, innerhalb einer festgesetzten Frist bestimmte Mengen zu einem bestimmten Preis an das Gefälle zu liefern. Hielt er den Vertrag nicht ein, so mußte er ein Pönale entrichten. Diese Zwischenhändler waren stets Bankhäuser, weil nur sie über genügend Kapital verfügten, um die Tabakbauern meist schon während der Zeit des Anbaus und der Ernte, vor der Ablieferung, zu kreditieren, das Geld also vorzuschießen und den Tabak erst nach der Ernte und einer Zeit der Lagerung, die für die Fermentierung notwendig war, an das Gefälle zu liefern. Der Tabakhandel setzt also eine größere Menge frei verfügbaren Geldes auf Seiten des Aufkäufers voraus.
Diese Verträge waren ein äußerst einträgliches Geschäft für die Bankhäuser, weil sie den Gutachten der Hofkammer zufolge meistens so vorgingen: Sie kauften alle vorrätigen Tabakblätter auf bzw. sicherten sich durch Kredite im voraus das Recht auf die Ernte, um dann dem Gefälle nur einen Teil der versprochenen Menge zu liefern. Den Rest lagerten sie und zahlten dem Gefälle das Pönale für den Vertragsbruch. Die Staatsverwaltung, für die die Einnahmen aus dem Zigaretten- und Tabakverkauf wichtig waren, war genötigt, die fehlende Menge an Rohmaterial öffentlich zum Kauf auszuschreiben. Auf den daraufhin stattfindenden Aufkaufs-„Konkurrenzen“ traten dann Agenten der Tabakhändler auf, die die Preise so lange in die Höhe trieben, bis ihren Auftraggebern, die dann ihre versteckten Vorräte über die Agenten an das Gefälle verkauften, trotz des entrichteten Pönales noch immer ein satter Gewinn übrig blieb.

Angesichts dieses sicheren und dem Händler mehr oder weniger ausgelieferten Abnehmers waren die Tabaklieferverträge eine begehrte Pfründe. Bei der gewöhnlichen öffentlichen Ausschreibung konnte jedoch nur der, der das billigste Anbot machte, den Vertrag erhalten. Georg Sina unternahm 1829 einen Versuch, mit den anderen drei Wiener Bankhäusern Rothschild, Geymüller und Arnstein & Eskeles, mit denen er sich in enger Interessensgemeinschaft befand, auf andere Art und Weise in das Tabakgeschäft einzusteigen. Zunächst schickte er ein Mitglied der Familie Gyra vor, um das Terrain zu sondieren: Konstantin Gyra reichte bei der Hofkammer Anfang dieses Jahres den Vorschlag ein, das Tabakgefälle zu verpachten. Das war die Form, wie der Tabakaufkauf und Vertrieb von Rauchwaren in den Erblanden vor dem Tabakpatent Josephs II. organisiert worden war. Damals, 1784, hatte der Kaiser beschlossen, dieses einträgliche Geschäft nicht mehr zu verpachten, sondern der Staatsverwaltung direkt zu unterstellen. Gyra beteuerte, sich lediglich um des lieben Allgemeinwohls mit dieser Frage zu beschäftigen und selbst keinerlei Absichten auf die Pacht zu hegen. Die Hofkammer behandelte den Vorschlag gar nicht, da ihr „kein Interesse darin erkennbar“ war. Das Interesse trat einige Monate später auf: Im Mai richteten die vier Bankhäuser ein Gesuch an die Hofkammer. Sie schrieben: „Dem Vernehmen nach ist die hohe Staatsverwaltung gesonnen, einige Gefälle zu verpachten; es sollen auch bereits Anträge auf das Tabakgefäll gemacht worden sein.“ Weiters führten sie aus: Bevor sie das Gefälle förmlich pachten, hätten sie gerne einen Liefervertrag, und zwar auf 10-12 Jahre. (Die übliche Laufzeiten für solche Verträge waren 2-5 Jahre.) Falls ein Vertrag abgeschlossen würde, sollte er Monopolcharakter haben und „Lizitationen“ mit ihren ganzen „Umtrieben“ ausschließen. Das Gefälle hätte also auf andere Ankaufsmöglichkeiten zu verzichten.

Die Hofkammer ersuchte den Ungarischen Kanzler Reviczky, sich zu dieser Frage zu äußern, mit der Bemerkung, am geeignetesten wären ihrer Auffassung nach „einige solidere und unternehmendere ungarische Grundbesitzer“ als Vertragspartner des Gefälles. Reviczky äußerte sich positiv zu dem Vorschlag der Wechselhäuser. So ein Vertrag mit „soliden Unternehmen“ wäre den Versuch wert, müßte aber im Falle des Auftretens von Mißständen jederzeit aufkündbar sein und selbst dann dürfte er nicht mehr als 6 Jahre umfassen. Was die zweite Frage betreffe: „Leider hat die Erfahrung bewiesen, daß die wenigen soliden Gutseigentümer in Ungarn, welche sich mit Handel und industrieller Spekulation abgaben, um so eher ihre Solidität einbüßten, je unternehmender sie waren.“ Außerdem verfüge kein Gutsherr in Ungarn über die nötigen Mittel, um einen solchen Vertrag einhalten zu können.
Die Hofkammer war auch sehr für den Vertragsabschluß mit den Wechselhäusern, der „in Rücksicht auf die Sicherheit des Gefälls einen entscheidenden Vorteil“ darbiete. Die vier Bankhäuser galten deshalb als verläßlich, weil die Behörden zu Recht annahmen, daß die Bankiers im Interesse ihres guten Rufes bei der Staatsverwaltung, mit der sie auch sonst allerlei Verträge eingingen, von den beim Tabakhandel üblichen Betrügereien absehen würden.

Die Direktion der Tabakfabriken war weniger begeistert. Den ihr vorgelegten Preisvorschlag der Wechselhäuser hielt sie für überhöht und zog ihrerseits das Anbot von Lämel(1) und Kohn vor.

 

1.2. Der erste Liefervertrag

Die vier Wechselhäuser erhielten jedenfalls keinen Vertrag. Sinas Chance, in dieses Geschäft einzusteigen, kam dann, als Joseph von Eichhoff Präsident der Hofkammer wurde.(2) Für das Jahr 1834, in dem Eichhoff seinen Vorgänger Nádasd ablöste, war das 1826 in Konkurs gegangene, aber offenbar weiterbestehende Handelshaus Stametz der Kontrahent des Gefälles. In einem Vortrag an den Kaiser zeichnete Eichhoff ein bedrohliches Bild der Versorgung der österreichischen Tabakfabriken mit dem nötigen Material. Einige Jahre der Mißernten und die Tatsache, daß auch in anderen Ländern der Handel mit Rauchwaren ein Monopol des Staates sei, wodurch eine zahlungsfähige Nachfrage garantiert sei, hätten den „Tabakhandel auch im Auslande zum Gegenstand der leidenschaftlichsten Spekulation“ gemacht. Stametz und die mit ihm kooperierenden ungarischen Tabak-Aufkäufer, „Juden, welche bedeutende Tabak-Vorräte besitzen“, stellten keine Ausnahme dar, da Stametz hoffe, daß er „bei Zunahme der Verlegenheit der Hofkammer leicht der Bestimmer des Preises bleiben werde“. „Der Rückstand des Kontrahenten Stametz war bis Ende Oktober mit dem Betrage von 77.000 Ztr. ausgewiesen.“ Eichhoff kam schließlich zum Kern seines Anliegens: „Ich hielt es daher für notwendig, die Sache wieder in ein solches Geleise zu bringen, auf welchem sie allmählich in ihren natürlichen Gang zurückkehrt, aus dem sie jetzt durch Naturereignisse, durch unüberlegte Verheißungen, durch das unter anderen Verhältnissen aufgestellte System und durch Leidenschaft gerückt wurde.“

Zu diesem Zeitpunkt lagen Eichhoff bereits zwei Anbote auf Beschaffung von Tabakblättern vor, das eine – auf Lieferung von Tabak aus der Pfalz – von Sina, das andere von einem anderen Wiener Kaufmann namens Weikersheim. Das Anbot des zweiten hatte den Schönheitsfehler, daß er einen Vorschuß aus der Staatskasse von 100.000 fl. pro 50.000 Ztr. beantragte und als seinen Bürgen für diesen Vorschuß – ausgerechnet Sina anführte. Sina hingegen war in seinem Anbot bereit, seinerseits den Staat zu kreditieren, gegen entsprechenden Zins selbstverständlich. Unter diesen Umständen fiel es Eichhoff nicht schwer, seine Wahl zu begründen, obwohl das Anbot Weikersheims günstiger war: „Ich persönlich … müßte … mich für den Großhändler Sina erklären, da mir die Intervention eines Mannes dieser Art allein die nötige Beruhigung einflößen könnte, daß bei der Ausführung des Geschäftes kleinliche Gewinnsucht und Täuschung fern geblieben und der von dem Ärar genommene Gewinn auf das bedungene Prozent beschränkt geblieben sei, wofür die bisherige Tätigkeit Sinas bei den mit der Staatsverwaltung geführten bedeutenden Kreditgeschäften mir hinlänglich Bürge zu sein scheint, während Weikersheim für die Vorschüsse, deren Sina nicht bedarf, eben diesen Letzteren als Bürge stellen will.“

Sina erhielt den Auftrag. Er belief sich auf eine Liefermenge von 60-100.000 Zentnern, einen Höchstpreis von 17 fl. 30 kr./Ztr. und eine Lieferfrist – Ende September 1835 – für die Lieferung nach Hainburg, der größten Tabakfabrik, vorgeschrieben. Die eingekauften Blätter mußten vor ihrer Verfrachtung nach Österreich von einem Kommissär des Gefälls überprüft und für geeignet befunden werden. Die Bedingung der Gefällsverwaltung, daß Sina für Transportschäden verantwortlich gemacht werden könnte, wurde von ihm zurückgewiesen. Der verzweifelte Stametz, der seine Felle davonschwimmen sah, machte noch eine anonyme Eingabe bei der Hofkammer, worin er anführte: Es gebe gar keinen Mangel an Tabak in Ungarn und durch öffentliche Ausschreibungen könne leicht Abhilfe geschaffen werden. Der Import ausländischer Tabakblätter schädige einheimische Produzenten, weil sie auf ihrer Ware sitzenbleiben. Das Schließen eines etwaigen „Kommissionsvertrages“ mit einem einzelnen Händler dränge „die Vermutung auf…, daß man bei jeder Gelegenheit zum Nachteile des Staates einzelne Individuen bereichern wolle.“ Eichhoff erledigte diese Vorschläge mit der Bemerkung: „Eure Majestät geruhten über diese Eingabe, deren Verfasser ohne Zweifel nicht dem Stande der von ihm vertretenen gedrückten Produzenten angehört, keinen … Vortrag zu verlangen.“

Der Kameral-Administrator von Máramaros, Gerzon, der auch als Aufkäufer für das Gefälle tätig war, berichtete währenddessen vom Stand der ungarischen Tabakvorräte und erwähnte, bereits im November 1834 einen Bericht an die Hofkammer geschickt zu haben, wie man die „Spekulanten“ übertölpeln könnte, er habe aber keine Antwort erhalten. Gerzon zufolge war der ungarische Tabak, der ihm angeboten wurde, auch bei den derzeitigen überhöhten Preisen günstiger als der Pfälzer Tabak. Zudem könne er wegen der Schutzzölle des Deutschen Zollvereins schwer ausgeführt werden. Eichhoff hatte sich anscheinend bemüht, die Lage kritisch werden zu lassen, um den Einstieg Sinas zu ermöglichen. Sina lieferte vertragsgemäß die Pfälzer Blätter, was ein starkes Fallen der Tabakspreise in Ungarn zur Folge hatte. Das Gefälle konnte sich dann auch relativ günstig mit einheimischen Tabakblättern eindecken. Der Vertrag mit Stametz wurde aufgelöst. Sina erhielt 1835 noch einen Auftrag, nämlich den, ausländische Spezialblätter einzukaufen: Portorico-, Virginia- und Maryländer Blätter. Zu den durch die Liefer-Tätigkeit Sinas Geschädigten gehörte einer der Subkontrahenten von Stametz, der Pester Kaufmann Moritz Ullmann, der seine Vorräte mit geringem Gewinn oder sogar Verlust verkaufen mußte und dessen Feindschaft von diesem Zeitpunkt an Sina bei allen seinen ungarischen Unternehmungen zu spüren bekam. Ullmann strengte sogar einen Prozeß wegen unlauterer Konkurrenz gegen Sina an, den seine Söhne nach seinem Tod fortzusetzen versuchten.

 

1.3. Tabak-Anbau, -Handel und -„Einlösung“

Als Georg Sina seinen zweiten Liefervertrag erhielt, entwickelten der Hofkammerpräsident, das Gefälle und Sina selbst gemeinsam ein duales System des Aufkaufs, bei dem die herkömmlichen Einlösungsstationen in mehreren Städten Ungarns, an das die Pflanzer selbst die Tabakblätter liefern konnten, wieder in Betrieb genommen wurden. Diese Art des Ankaufs, genannt „Einlösung“, war auch bis 1818 betrieben worden. Dann waren dem Tabakgefälle die Preise zu hoch geworden und es hatte den Umstieg auf die Lieferverträge unternommen. Das wichtigste Prinzip für das Tabakgefälle waren also damals niedrige Ankaufspreise.
Dem ungarischen Tabakhändler Deyack zufolge war die Verteuerung der Tabakblätter eine Folge der Napoleonischen Kriege, die den Verbrauch ansteigen ließen, während die Produktion nicht damit Schritt hielt. Vorher war die Deckung des inländischen Bedarfes kein Problem gewesen, und auch das nicht einführbare Tabakmonopol in Ungarn hatte kein besonderes Hindernis bedeutet. Die hohen Preise begünstigten aber nur die Händler, die Pflanzer zogen wegen der Inflation daraus kaum einen Nutzen. Die erste Reaktion des Gefälles auf die hohen Preise war die Einführung eines Ausfuhrzolles von 12 fl./Ztr. Tabakblätter (bei einem Ankaufs-Preis von 4-6 fl./Ztr.) und führte zwar zu einer völligen Einstellung aller Exporte, aber nicht zu einem Sinken der Preise. Daraufhin schritt das Gefälle zur Vergabe der Lieferverträge. Sie wurden öffentlich ausgeschrieben, mit fixen Lieferfristen, und der billigste Bieter erhielt den Zuschlag. Der erste Kontrahent des Gefälles war Moritz Ullmann, und alle späteren waren entweder von ihm als Agenten eingesetzte Personen oder sie scheiterten wie Deyack bei der Erfüllung ihrer Lieferverträge, wenn sie nicht gewillt waren, mit ihm und seinen Agenten zusammenzuarbeiten. Ullmann und seine Leute drückten die Preise so, daß viele Pflanzer den Tabakanbau bleiben ließen oder die Bearbeitung und Trocknung der Blätter vernachlässigten, sodaß sowohl die Quantität als auch die Qualität der an das Gefälle abgelieferten Ware immer mehr nachließen. Beim Tabak kam nämlich das Erfordernis einer sachgerechten Trocknung und Lagerung hinzu, denn die Tabakblätter wurden nicht frisch angekauft, sondern erst nach einer Zeit der Fermentation: „Die Blätter müssen die erste Fermentation überstanden haben …“

Bei den Tabakblättern war also der Zeitraum zwischen Anbau und Veräußerung noch länger als bei anderen Produkten, die gleich nach der Ernte verkauft werden konnten. Dieser Umstand stellte bei dem Bargeldmangel auf dem Lande ein ernstes Hindernis für den Tabakanbau dar, und wurde durch das System der Vorschußzahlung zu für den Pflanzer äußerst ungünstigen Bedingungen vom Aufkäufer ausgenützt. Seit der Einführung der Lieferverträge mehrten sich die Beschwerden und Klagen der Pflanzer, und es kam zu einer Reihe von Gerichtsverfahren, aber die Lieferverträge wurden trotzdem immer wieder nach dem gleichen System vergeben, da sie das Gefälle etwas billiger kamen als der direkte Ankauf in den letzten Jahren vor 1818.

Das endgültige Scheitern dieser Art der Lieferverträge trat deutlich zutage, als auch noch Mißernten hinzukamen und die Preise bedeutend stiegen. Für schlechte Qualität und unzureichende Quantität mußte nun auch noch ein erhöhter Preis bezahlt werden. Die Hofkammer war – jenseits des guten Verhältnisses zwischen Eichhoff und Sina – auf jeden Fall genötigt, zu handeln.

 

1.4. Der zweite und dritte Liefervertrag

Mit Berufung auf die durch seine Liefertätigkeit 1835 bewiesene Verläßlichkeit Sinas schloß Eichhoff mit ihm am 10.12.1835 einen Vertrag für die Belieferung des Gefälles für das Jahr 1836 und am 14.6.1836 einen weiteren Liefervertrag über drei Jahre. Es fiel ihm nicht schwer, dem neuen Kaiser Ferdinand in beiden Fällen die Vorzüge eines solchen Vertrages auszumalen und von ihm die Genehmigung zum Abschluß zu erhalten. Bei den Preisfestsetzungen für die verschiedenen Blattsorten und die Transportkosten bis Hainburg diente der vorherige Vertrag des Gefälles mit Stametz und die Einlösungspreise von 1818 als Grundlage. Das neue System, nach dem der Tabakankauf ab 1836 vonstatten ging, sah so aus: In verschiedenen Städten Ungarns bestanden staatliche Einlösungsstationen, auf denen Fachleute des Tabakgefälles die Blätter übernahmen, klassifizierten und bezahlten. Deren Entscheidung war definitiv, die Blätter durften später vom Gefälle nicht mehr beanstandet werden. Sie waren Angestellte der Tabakfabriken, die während der Zeit der Einlösung für dieses Geschäft abgestellt und normal weiter entlohnt wurden. Alle anderen Kosten für den Ankauf, die Lagerung und den Transport der Blätter sowie deren Organisation übernahm Sina und erhielt dafür bei Ablieferung in Hainburg einen Fixpreis pro Zentner, je nach Blattsorte. Das erste und wichtigste Angebot Sinas bestand also darin, das Gefälle zu kreditieren: „Freiherr von Sina erbot sich, sämtliche durch die Abwaage … der von den Pflanzern und Zwischenhändlern eingelösten oder von ihm selbst an die Einlösungskommission abgegebenen Blatt-Qualitäten entspringenden Auslagen zu übernehmen …“
Sina stellte weiters beim Vertragsabschluß die Bedingung, daß alles, was er über die vereinbarte Menge hinaus lieferte, zu einem zwar geringeren als für die vertraglich bedingte Menge, aber auch im Vertrag festgelegten Preis, abgenommen werden müsse. Diese Bedingung wurde ihm, in Anbetracht der früher gemachten Erfahrungen, bei denen immer ein Mangel an Tabakblättern aufgetreten war, ohne weiteres zugestanden. Übererfüllungen aus einem vorherigen Vertragsjahr sollten ihm im Falle einer Mißernte und daraus sich ergebendem Mangel an Tabakblättern gutgeschrieben werden.
Für den ersten einjährigen Vertrag betrug die Mindestmenge der zu liefernden Blätter 100.000 Ztr., für den Dreijahresvertrag 150.000 Ztr. gewöhnlicher plus 10.000 Ztr. besonderer, sogenannter Gartenblätter.  Diese Gartenblätter waren eine Sorte, die frischer verarbeitet werden mußte und daher nicht so lange gelagert werden konnte. Bei den Gartenblättern galt die zu liefernde Menge als Höchst-, nicht wie bei den anderen, als Mindestmenge.

Die Forderung nach einem Vertrag über mehrere Jahre (Sina forderte ursprünglich vier Jahre) hatte er damit begründet, daß nur längerfristige Verträge mit den Pflanzern eine kontinuierliche Belieferung zu kalkulierbaren Preisen gewährleisten könnten. In einem späteren Akt wird erwähnt, daß er mit der Tabakpflanzer-Gemeinde Fadd einen Liefervertrag über drei Jahre geschlossen habe. Aus der Gemeinde stammte der größte Teil der offenbar höherwertigen „Gartenblätter“.

Öffentliche Aufkaufskonkurrenzen schloß der Vertrag ausdrücklich aus: „Um die Spekulationssucht anderer, wenn auch nicht gänzlich zu unterdrücken, doch bedeutend zu lähmen, dürfte es am zweckmäßigsten sein, die … Preise für die Pflanzer lohnend so anzusetzen, daß die Vorkäufer bei höheren Preisen ganz und gar nicht ihre Rechnung fänden. Es müßte daher … während der Contractjahre nur in den Einlösungs-Stationen übernommen und und an niemand ein höherer Preis als der zur Einlösung in den Stationen … festgesetzte bezahlt werden.“

Um die Bezahlung der Lagerung an Sina und die Lieferung von Spezial-Blättern kam es zu einer kleinen Unstimmigkeit, im Laufe derer Eichhoff die Verschläge Sinas schroff zurückwies und ihn unverschämter Forderungen bezichtigte. Die Schwierigkeit bestand darin, daß Tabakblätter während ihrer Fermentation und Trocknung einen Gewichtsverlust erleiden, Sina nach Gewicht bezahlt wurde und zwischen der Übernahme in den ungarischen Stationen und der endgültigen Lieferung nach Hainburg ein Gewichtsschwund eintrat, dessen Abgeltung nicht vertraglich geregelt war. Es erfolgte schließlich eine Einigung, Sina lieferte fertig getrocknete Blätter und erhielt dafür eine Entschädigung, den sogenannten „Fermentations-Calo“.

Die Lieferung bereits fermentierter Blätter hatte sich übrigens erst in den dreißiger Jahren eingebürgert. Im Preisvorschlag Lämels von 1829 stellte das Angebot, 20.000 Ztr. bereits fermentierter Blätter zu liefern, noch eine Ausnahme dar.

Ungeachtet dieser Auseinandersetzung bescheinigte der Direktor der Tabakfabriken, Hoffmann, in einem Resümee die Liefer-Tätigkeit Sinas als großen Erfolg für das Gefälle und die Tabak-Kultur in Ungarn: Das bei Vertragsabschluß von Seiten der Hofkammer ins Auge gefaßte Ziel, die Tabakkultur in Ungarn zu befördern, sei „glänzend erreicht. Das Haus Sina, durch die ihm bewilligten lohnenden Fracht- und Spesen-Vergütung in die Lage gesetzt, auch über die von der Staatsverwaltung bestimmten Preise zu kaufen, die Pflanzer, wenn auch mit Gefahr eines teilweisen Verlustes, mit sehr bedeutenden Geldvorschüssen zu unterstützen und durch mit ihnen abgeschlossene langjährige Kontrakte ihnen den lohnenden Absatz zu sichern, hat den Bau sehr bedeutend erweitert und neue Pflanzungen entstehen lassen.“

Dieser Erfolg, so erfreulich er einerseits war, brachte die Direktion der Tabakfabriken jedoch in Verlegenheit: Es mangelte an Lagerräumen: „Das Ergebnis dieser Bemühungen, unter Mitwirkung einer gesegneten Fechsung“ (=Ernte) „im Jahre 1837, war eine Übernahme ungarischer Tabakblätter im Jahre 1838 in der noch nie auch nur annähernd erhaltenen Menge von 577.064 Ztr.“
Um diese Zahl ins richtige Licht zu rücken: Den jährlichen Bedarf des Gefälles hatte Eichhoff 1835 mit ungefähr 230.000 Ztr. angegeben. Diese Menge konnte damals bereits seit Jahren nur unter Zukauf ausländischer Blätter aufgebracht werden. Für das Jahr 1838 allein hatte Sina seinen Vertrag um mehr als das Doppelte übererfüllt. Allerdings war auch der Tabak-„Verschleiß“ und damit das Bedürfnis des Gefälles an Tabakblättern, gestiegen, aber nicht in einem Maße, wie es Sinas Lieferungen entsprochen hätte: Der Verbrauch wurde für 1838 mit geschätzten 346.163 Ztr. jährlich angegeben.

Hoffmann gab die zu lagernden Mengen mit 687.200 Ztr. an. Diese Menge übersteige alle Kapazitäten des Gefälles, das sich genötigt sah, Lagerräume anzumieten, auch „die Verpflegungsmagazine in Preßburg, selbst strohgedeckte Scheunen“ mußten herhalten. Und gerade, als die Verlegenheit am größten war, kündigte Sina „eine neuerliche Tabakblätter-Übergabe in Ungarn von 390.000 bis 440.000 Ztr. an.“ Dazu meinte Hoffmann: „Massen von solcher Größe würden die Gefällsverwaltung erdrücken.“

Hoffmann war voll des Lobes für die Tätigkeit Sinas und befürwortete wärmstens eine Verlängerung des Vertrages, aber mit Modifikationen:
1. Nicht Mindestgrenzen für die zu liefernde Menge, sondern Höchstgrenzen seien festzulegen.
2. Es gehe nun nicht mehr um die Erhöhung der Quantität der anzubauenden Tabakmenge, sondern um die der Qualität: Die Preise sollten auch bei Blättern der gleichen Sorte stärker variieren können, um einen Anreiz zur Veredlung zu geben. Auch hier habe Sina bereits den richtigen Weg eingeschlagen: „Das Haus Sina kann diesen Zweck durch die von ihm abgeschlossenen, noch mehrere Jahre dauernden, die Pflanzer ermunternden Kontrakte, durch Zahlung besserer Preise für edlere Ware, durch Verweigerung von Darangaben an trügerische Pflanzer, und durch Strenge bei der Übernahme am ersten erreichen; und es wird diesem Zwecke stets näher zu kommen auch wollen, denn es hat sich im Laufe der letzten drei Kontraktsjahre sehr reell und willfährig benommen, die Blätter der bedeutenden besseren Pflanzungsorte, ohne davon etwas auszuscheiden, abgeliefert, unter den Gartenblättern solche, welche später als Stations- oder Bezirks-Blätter“ (=eine bessere Sorte) „anerkannt werden mußten, als ordinäre übergeben, und selbst Opfer – z.B. bei der Lieferung der unentbehrlich gewordenen viel teureren Zigarren-Deckblätter zu den Preisen der ordinären Szegediner nicht gescheut.“
3. Sonderformen, wie der bei der Versendung anfallender Bruch („Rebel“) und lose Blätter, sowie die Mengen und Preise für besondere Sorten und die Lieferungen nach Lombardo-Venetien seien gänzlich neu zu regeln.

Sina machte, im Unterschied zu seinen Vorgängern, seinen Gewinn durch die Masse des Profits, nicht durch die Rate. Er schlug seine Konkurrenten im Aufkauf durch hohe Preise, nicht durch deren Herabdrücken. Für dieses Vorgehen brauchte er das Monopol auf die Lieferung, das ihm durch die Zusage der Abnahme aller gelieferten Blätter zugesichert worden war. Die zweite Voraussetzung war, daß er über genügend Geld verfügte, um alle Auslagen vorschießen zu können. Mit seinen Aufkäufen und Verträgen erreichte er, daß die Ankaufspreise für die Tabakblätter sich stabilisierten, da er alle anderen Spekulanten der Möglichkeit, ihre Ware dem Gefälle teurer zu verkaufen, beraubte. Sie mußten ihre Vorräte, wie alle anderen auch, zu den fixen Einlösungspreisen losschlagen. Das war auch einer der Gründe für den plötzlichen Überfluß an Tabak: Die zurückgehaltenen Blätter früherer Jahre tauchten ebenfalls auf. Sina verschaffte also dem Gefälle überreichliche Tabakmengen zu fixen Preisen.
Auf der anderen Seite bot er durch seine Verträge den ungarischen Pflanzern, sowohl Grundherren als auch leibeigenen Bauern, einen verstärkten Anreiz, auf den Tabak zu setzen und ihn zu kultivieren. Er bot ihnen offenbar Vorschüsse, mit denen sie ihr Auskommen fanden und die die Produktion dieser Pflanze für den Verkauf attraktiv machten.
Schließlich organisierte er auch den Transport und die Lagerung der Blätter neu und sicherlich effizienter als vorher, denn er erhielt laut Vertrag einen Fixpreis pro Zentner für den Transport aus den verschiedenen Stationen nach Hainburg, je nach Entfernung der Station. Die Stationen waren in Debrecen, Szeged, Pest und Tolna. Die im Vertrag festgesetzten Preise orientierten sich an den bisherigen Transportkosten, die wiederum auf den verschiedenen Transportmitteln beruhten. Durch Einsparung auf diesem Gebiet konnte Sina sich zusätzliche Gewinne erwirtschaften. Sein Interesse am Ausbau der Kommunikationsmittel, Straßen, Brücken, der Flußschiffahrt, von dem im folgenden noch die Rede sein wird, wurde sicher durch seine Handelstätigkeit, erst mit der Baumwolle, dann mit dem Tabak, entfacht und bestärkt.

Bei diesen überaus positiven Ergebnissen konnte es nicht ausbleiben, daß Sina einen neuen Liefervertrag erhielt.

 

1.5. Der vierte Liefervertrag

Zum Jahresanfang 1839 verfaßte Eichhoff einen Bericht zur Situation des Tabakgefälles. Das alte System der öffentlichen Ausschreibungen und der allgemeinen Korruption, das nur schlechte Blätter zu hohen Preisen erbracht habe, sei glücklich überwunden. Für Details über diese schlimmen Zustände verwies er auf die Akten der Hofkammer. Jetzt hingegen seien zuviele Blätter da: „Gewöhnt, beinahe seit dem Bestande des Gefälles immer mit Schwierigkeiten in der Aufbringung des kurrenten Bedarfes zu kämpfen, … an der Möglichkeit, ausgiebige Reservevorräte beizuschaffen, beinahe verzweifelnd, war man bei dem Entwurfe des Reglements für die Einlösung und demselben zur Seite gehenden Übereinkommen mit Sina vom 17.12. 1835“ (dem zweiten Liefervertrag, der als Grundlage für den dritten diente,) „nicht darauf gefaßt, schon nach so kurzer Zeit in die entgegengesetzte Verlegenheit zu geraten.“
Nach langen Erwägungen, wie sich dieses Problem bewältigen lasse, kommt er zu dem Schluß, daß die Lösung nur darin liegen könne, eine Mittelsperson zu kontrahieren, die ihrerseits die Lagerung der überschüssigen Mengen übernehme und das Gefälle kontinuierlich beliefere. Diese Mittelsperson solle gleichzeitig darauf verpflichtet werden, immer Reserven an Blättern anzulegen, damit in Jahren der Mißernte kein Engpaß eintrete.
Davon, diese „Mittelsperson“ durch öffentliche Konkurrenz auszuwählen, riet er ab: Es würde sich wieder die gesamte Bagage melden, von der man sich soeben glücklich befreit hat. Er zählt namentlich die ungarischen jüdischen Händler Kaan, Wodianer, Ullmann und Landauer auf, ferner Schramm und Lämel, die im vergangenen Jahr wieder einmal Maryland-Blätter zu zwar geringerem Preis, aber in erbärmlicher Qualität geliefert hätten.
Eichhoff schlägt daher eine Kontraktierung Sinas vor. Er errechnet, daß der Tabakpreis 1818 im Durchschnitt 18 fl. 30 kr./Ztr. betragen haben, jetzt, 1839, käme der Zentner im Durchschnitt auf 9 fl. 25. Sina habe also den Tabak bedeutend verbilligt, das spräche für ihn, außerdem verfüge er über das nötige Kapital für dieses Geschäft, da „zur Durchführung der Maßregel bedeutende Geldkraft erforderlich ist“.

Sina rechnete anscheinend fest mit einer Verlängerung des Vertrages und hatte seinerseits auch einige Modifikationen ins Auge gefaßt: Er wollte einen Vertrag auf 9 Jahre, bis 1848, und das „Zugeständnis“, 2/3 des Bedarfes selber liefern zu dürfen, die direkt verkaufenden Pflanzer und etwaige andere Tabakhändler sollten sich das verbleibende Drittel teilen. Solches „wurde als völlig unzulässig ohne weiteres abgelehnt.“ Sina habe zwar bisher mehr als 2/3 der Blätter geliefert, aber wenn sich infolge eines modifizierten Vertrages seine Ankaufstätigkeit verringere, so sei zu erwarten, daß die „Privaten“ mehr direkt zur Einlösung bringen würden. Ein neuer Vertrag käme höchstens für 6 Jahre in Frage.

Sina beklagte die „Opfer an Kapital“, die der Lieferstopp ihm verursache, er habe 1,840.000 fl. in Tabakblätter investiert, wenn er die nun nicht gleich verkaufen könne, so erleide er einen Zinsverlust von 200.000 fl. Eichhoff meinte, wenn Sina wirklich einen Vertrag über 6 Jahre erhielte, so sei das eine angemessene Kompensation. Die Preise für den Aufwand Sinas sollten auf dem bisherigen Niveau bleiben, erst für das letzte Jahr war Sina bereit, von diesen Preisen nachzulassen. Unter „Aufwand“ wurde Fracht, Verladung, Lagerung etc. zusammengefaßt. Die Einlösungspreise sollten jährlich von der Gefällsverwaltung festgesetzt werden, die sich damit ein Mittel zur Regelung des Bedarfes vorbehielt. Die Sina zugestandene Liefermenge, die ihm abgenommen werden mußte, betrug in diesem neuen Entwurf 260.000 Ztr. jährlich. Der Kaiser genehmigte diese Bedingungen am 7.März.
Der Vorsitzende der Staatskonferenz, Anton Graf Kolowrat, nötigte Sina noch zu einer Herabsetzung der Kontraktsdauer auf 5 Jahre. Mit diesen Änderungen wurde der Vorschlag Sinas von Anfäng Jänner schließlich genehmigt, und zwar am 16.3. 1839. Er war also für weitere 5 Jahre, bis 1844, alleiniger Kontrahent des Gefälles. Eichhoff bemerkte noch abschließend: „Von den … Eingaben des Moritz Ullmann und Wodianer und Sohn kann kein Gebrauch gemacht werden, da diese … zur Konkurrenz für die Transportierung des in Ungarn eingelösten Tabaks beigezogen werden wollen, von einer solchen Konkurrenz aber unter den dermaligen Verhältnissen keine Rede sein kann.“
Mit diesem Liefervertrag erhielt Sina auch den Auftrag, die Tabakfabrik in Galizien mit ungarischen Blättern zu beliefern, ebenso die anderen Fabriken in Österreich (Göding, Fürstenfeld, Sedletz), sofern diese solche Lieferungen anfordern sollten.
Alle diese vier Verträge unterlagen strengster Geheimhaltung, sodaß der Direktor der Tabakfabriken noch Ende 1840 vom neuen Hofkammerpräsidenten Kübeck gesondert die Erlaubnis erbat, mit diesen Verträgen im Zusammenhang stehende Daten an die Hofbuchhaltung mitteilen zu dürfen.

Ab 1840 leistete Sina einen jährlichen Beitrag von 150 fl. zu Reparatur und Ausbau „des Anlandungs- und Verladungsplatzes für die nach Hainburg kommenden Tabakschiffe.“ Er beförderte also die Tabakblätter von Ungarn auf der Donau nach Hainburg. Für den Transport nach Galizien bediente er sich „jüdischer Unterpächter“, die wiederum wenig vertrauenswürdige Individuen als Fuhrleute heuerten, wie die galizische Zollverwaltung mißbilligend feststellte. 1841 trat Sina die Nachfolge des Transportunternehmers L. Bondi an, der bisher die Tabaktransporte von Hainburg in die restlichen Fabriken durchgeführt hatte. Die Belieferung der italienischen Fabriken, die er bereits mit dem vorigen Vertrag übernommen hatte, behielt er bei. Zur Lagerung der von ihm aufgekauften Tabakblätter mietete er teils bereits bestehende Lager des Gefälles in Ungarn, oder er errichtete eigene Gebäude, z.B. in Szeged. In dieser Stadt ließ er auch die Ufer der Theiß befestigen, um das Anlegen von Schiffen zu ermöglichen.

Schließlich begann er auch, Tabak zu exportieren. Diese Notwendigkeit ergab sich aus seiner Stellung als „Mittelsperson“ zwischen den Pflanzern, denen gegenüber er sich zur Übernahme der Ernte verpflichtet hatte, und dem Tabakgefälle, dem er nur die vertraglich festgesetzte Menge liefern durfte. Sein Abnehmer war die französische Tabakregie. Die Initiative war zunächst von den Franzosen ausgegangen, die sich im Jahr 1838 für die ungarischen Tabakblätter zu interessieren und mit Einverständnis des Gefälles in Ungarn nach geeigneten Blattsorten umzusehen begannen. Das französische Tabakmonopol schickte einen Tabakspezialisten nach Ungarn und schloß einen Liefervertrag für von ihm einzukaufenden Tabak mit dem Luxemburger Handelshaus J.P. Pescatore, das den organisatorischen Teil der Lieferung abwickeln sollte. Zunächst waren die Franzosen mit ungarischen Tabakhändlern in Geschäftsbeziehungen getreten, hatten 1839 rund 75.000 Ztr. Tabakblätter gekauft und die dabei üblichen gemischten Erfahrungen gemacht. Schließlich konnten sie jedoch an Sina, der über die meisten Verträge mit Pflanzern und die größten Tabakvorräte verfügte, nicht vorbei. Der erste Vertrag zwischen Sina und Pescatore „auf gemeinschaftlichen Gewinn oder Verlust“ kam 1840 zustande. Sina lieferte die Blätter von Ungarn nach Triest, wo sie nach Frankreich verschifft wurden. Er hatte wegen einer schlechten Ernte 1840 Schwiergkeiten mit der Erfüllung des Vertrages, deshalb erhielt einer seiner Konkurrenten, Wodianer, 1841 ebenfalls einen Auftrag von der französischen Regie. Außerdem waren in Ungarn noch Aufkäufer aus Neapel und Turin unterwegs. Der ungarische Tabak erfreute sich anscheinend europaweit immer größerer Beliebtheit. Das Gefälle begann wieder um seine Lieferungen zu fürchten, sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Beziehung. Da es nicht möglich war, Aufkäufe für das Ausland zu verbieten, sollte durch die Erhöhung der jährlich neu festzusetzenden Ankaufs-Preise für die Tabakblätter der inländische Bedarf gesichert werden.

Das wiederum lief dem Anliegen der Hofkammer, den Tabak zu verbilligen, zuwider.

Sina rechnete in den Vertragsjahren 1840-1844 wie auch während seines vorigen Vertrages einmal jährlich mit einer Schlußrechnung mit dem Gefälle ab. Diese Schlußrechnungen sowie in diesen Jahren vorgenommenen Änderungen des Vertrages von 1839 waren Gegenstand endloser Querelen zwischen Sina einerseits und der Tabakfabriken-Direktion und der Hofkammer andererseits. Der eigentliche Grund dafür war, daß der Nachfolger Eichhoffs als Hofkammer-Präsident, Kübeck, ein erklärter Gegner dieses Vertrages mit Sina war, ihn aber nicht aufkündigen konnte. Also wurde jeder Anlaß, eine Lieferung oder einen Posten in der Abrechnung zu beanstanden, heftigst für einen größeren Papierkrieg genutzt. Sina scheint aber im großen und ganzen seine Verpflichtungen erfüllt zu haben, ein Vertragsbruch oder ein arger Lieferrückstand wurde nie beanstandet.

 

1.6. Interregnum: Der Tabakhandel von 1844 bis 1850

Nach Auslaufen des Vertrages mit Sina ging das Gefälle auf Drängen des Hofkammerpräsidenten dazu über, selbst Verträge auf mehrere Jahre mit den Pflanzern abzuschließen, und den Tabakanbau selbst zu organisieren. Durch Ausschaltung des Zwischenhandels hoffte die Staatsverwaltung bedeutend billiger wegzukommen als bisher. Dafür verzichtete sie auch auf die Kreditierung durch den Vertragspartner und war bereit, die Vorschüsse an die Produzenten selbst zu übernehmen. Dafür wurde dem Tabakgefälle jährlich eine Summe von 1 Million Gulden bewilligt. Ein Vorschlag für einen solchen Vertrag mit Pflanzern liegt vor, seine Verfasser waren aber hochkarätige ungarische Politiker der habsburgfreundlichen Fraktion, sodaß er nicht als Prototyp solcher Verträge angesehen werden kann. Die Grundbesitzer György Apponyi und Emil Dessewffy verlangten einen garantierten Abnahmepreis von 8 fl./Ztr. vor Ort, also ohne Transportkosten, für die 6 Jahre der Vertragsdauer und einen Vorschuß von 10.000 fl.

Der Transport der Blätter in die Tabakfabriken sollte wieder durch Ausschreibung an verschiedene Fuhrunternehmen vergeben werden. Bereits im letzten Lieferjahr Sinas, also an der Schwelle der Einführung seines Systems mußte Kübeck zugeben, daß letzteres auch kein Königsweg war: „So sehr ich fortwährend bemüht bin, … durch Einführung und Erweiterung auf den Kameralgütern in Ungarn und durch Zustandekommen von Verträgen mit den angesiedelten und den bereits bestehenden Pflanzer-Gemeinden dem Gefälle seinen Bedarf … sicher zu stellen, so wird es doch der ah. Einsicht Eurer Majestät nicht entgehen, daß die Erfolge dieser Maßregel mit dem immer fortschreitenden Bedürfnisse unmöglich gleichen Schritt halten und für sich nicht genügen können …“ 1845 erbat die Hofkammer vom Kaiser die Genehmigung, von Sina 80.000 Zentner Tabakblätter kaufen zu dürfen, von einem anderen Händler eine geringere Menge. 1846 kaufte das Gefälle 120.000 Ztr. Tabak von Sina.

Sina hielt die Verbindung mit der französischen Regie aufrecht. Er lieferte 1845 und 1846 an Pescatore jeweils rund 40.000 Ztr. Tabakblätter, 1847 11.000 Ztr. direkt an die französische Tabakregie. Im Jänner 1848 lieferte er noch 5.000 Ztr., dann scheinen die politischen Ereignisse den Transport verhindert zu haben und Sina versuchte, seine Blattvorräte dem Gefälle zu verkaufen, das dieses Angebot zurückwies. Im Zusammmenhang mit diesem zurückgewiesenen Gesuch Sinas stellte sich heraus, daß der Bedarf des Gefälles gar nicht so gewachsen war, wie immer wieder behauptet wurde: „Das jährliche Bedürfnis an ungarischen Blättern beträgt ungefähr 250.000 Ztr.“ Das war der Verbrauch, den Eichhoff 1838 angegeben hatte. Es mag sein, daß seither mehr aus dem Ausland dazugekauft wurde, um die Rauchwaren abwechslungsreicher zu gestalten. Es ist jedoch offensichtlich, daß die Hofkammer den Bedarf absichtlich übertrieben hatte, um ihre – für die Staatskasse sicher mit bedeutenden Kosten verbundenen – Maßnahmen zu rechtfertigen. Diese zielten auf Hervorrufung einer Überproduktion an Tabak und infolgedessen zu einer Senkung der Einkaufspreise. So gedachte der Hofkammerpräsident den Tabakhandel von der von ihm als „Getriebe der Leidenschaften“ bezeichneten, zutiefst verhaßten Spekulation zu befreien. Und damit von deren Repräsentanten, unter denen er Georg Sina an vorderste Stelle reihte.

Während all dieser Jahre, also seit den 30-er Jahren, belieferte Sina auch die Tabakfabriken in Venedig und Mailand, die der Tabakfabriks-Direktion nicht unterstellt waren, sowohl mit ungarischen Tabakblättern als auch mit importierten Virginia- und Maryland-Blättern. 1844 schloß er mit den Tabakfabriken in Mailand und Venedig einen Vertrag auf drei Jahre ab, demzufolge er jährlich 240.000 „metrische Pfunde“ von Virginia-Blättern zu liefern hatte. Er baute auf seinen eigenen Gütern im Banat Tabak an.
1850 schloß Sina erneut einen Vertrag ab, über eine im Vergleich zu seinen früheren Verträgen lächerlich wirkende Menge, 17.000 Ztr. Spezialblätter. Sie stammten aus den Erntejahren 1844-1848, er hatte sie also teilweise bis zu 6 Jahre gelagert.

In den Jahren von 1844 bis 1850 bemühte sich die Staatsverwaltung, angeblich mit Erfolg, immer größere Mengen von Tabak von den Pflanzern direkt aufzukaufen. Da sie sich aber das Ziel gesetzt hatte, keineswegs höhere Preise als die Einlösungspreise zu zahlen, hatte Sina durch seine Vorschußkredite die Möglichkeit, mittels höherer Preise und günstigerer Bedingungen immer noch beträchtliche Mengen ungarischer Tabakblätter an sich zu bringen. In dieser Zeit starb Ullmann, einer seiner großen Rivalen in Ungarn, ein anderer, Wodianer, wurde sein Partner, eine Verbindung, die über den Tod Georg Sinas hinaus währte.

 

1.7. In Konkurrenz mit dem Tabakmonopol

Nach der Niederschlagung der Revolution in Ungarn wurde die ungarische ständische Verfassung aufgehoben und das Tabakmonopol konnte in Ungarn eingeführt werden. Alle Pflanzer wurden mit dem 1851 in Kraft tretenden Monopolgesetz darauf verpflichtet, ihren Tabak direkt an den Staat zu verkaufen. Diese Verpflichtung ließ sich aber nicht so einfach gesetzlich dekretieren: Bereits existierende Verträge mit Händlern konnten nicht ohne weiteres aufgekündigt werden, liefen aber meist über mehrere Jahre. Sina und Wodianer bemühten sich 1850, im letzten Jahr vor der Einführung des Monopols, noch möglichst viele Verträge auf 6 Jahre abzuschließen. Das Gefälle verfolgte diese Versuche mit Mißbilligung, ohne sie verbieten zu können: „Die verhältnismäßig hohen Vorschüsse waren von jeher und sind insbesondere unter den gegenwärtigen, durch die Kriegs- und Revolutions-Ereignisse herbeigeführten traurigen Umstände der Köder für die Gemeinden, sich zu Verträgen herzugeben, sie sind aber zugleich gegen die Gemeinden das unfehlbare und leider schon vielfältig bewährte Mittel, dieselben den Kontrahenten fortan tributär zu erhalten, sie zu vollständiger Verarmung zu bringen, dieselben unter dem fortwährenden Schrecken der Exekution auf alle möglichen Arten zu bedrücken und ihnen die härtesten Bedingungen aufzuerlegen, denen sie sich fügen müssen.“ Wenngleich der Bericht des Gefälles, vom eigenen Interesse geleitet, in bezug auf die „Bedrückung“ durch den Kreditgeber etwas übertrieben sein mag, so war doch das greifbare Ergebnis sehr störend: Wollte die Staatsverwaltung diese Pflanzer direkt für sich gewinnen, so mußte sie ihnen 1. ebenfalls Vorschüsse gewähren, 2. aber „die Schulden derjenigen Pflanzer ohne Aussicht auf Einbringlichkeit übernehmen“.

Um Sina und Wodianer zuvorzukommen, versuchte das Gefälle noch die gesetzliche Einführung des Monopols zu beschleunigen – ab diesem Zeitpunkt durften keine Verträge mehr mit Privaten abgeschlossen werden. Es versuchte, selbst möglichst viele Verträge mit Pflanzern abzuschließen und diesen auch Vorschüsse zu gewähren. (Das wird als besondere Maßnahme besprochen, die Hofkammer sah also vor, vom System der Vorschüsse abzugehen.) Für das erste Jahr des Monopols, 1851, sollten höhere Preise für die Einlösung geboten und die Fristen für selbige großzügiger gehandhabt werden. Es kaufte in diesem Jahr keine Blätter von Sina und Wodianer, um ihnen nicht noch finanzielle Mittel in die Hand zu geben, „ihre Bestrebungen zum Nachteile der Regie … fortzusetzen“. Mit der Einführung des Monopols wurde die dem Gefälle zur Verfügung gestellte Summe auf 1 Million 200.000 fl. erhöht.

Auf die Einführung des Monopols reagierten Sina, Wodianer und einige andere Händler mit verstärkten Exportbemühungen. Das war dem Gefälle auch wieder nicht recht. Denn in diesem Jahr – 1851 – war die Ernte schlecht und das alte Zittern und Zagen um die Vorräte des Gefälles ging wieder los. Aber Sina und Wodianer verfügten bereits über eine Ausfuhrgenehmigung für dieses Jahr und nach anfänglichen Beschlagnahmungen mußte die Szegeder Bezirksverwaltung ihm seine Blätter zur Ausfuhr überlassen. Er suchte auch für die folgenden Jahre um solche Bewilligungen an: Für das das erste Jahr, also 1852, verlangte er, 88.000 Ztr. ausführen zu dürfen, für die weiteren Jahre je 46.000 Ztr. Entgegen allen gefaßten Vorsätzen kaufte das Gefälle doch wieder größere Tabakmengen von Sina, mittels Übereinkommen vom 13.5. 1851: Zwischen als 40.000 und 52.000 Ztr. um ungefähr 12 fl./Ztr. Sina verpflichtete sich, sie im Verlauf der nächsten Monate zu liefern.

Die Monopolverordnung schien Verträge mit Privaten offenbar nicht in der gewünschten Eindeutigkeit zu verbieten, denn im November 1851 forderte die Hofkammer ein solches Verbot zusätzlich zu den Bestimmungen der Verordnung. Sina schloß weiterhin Verträge ab und nützte seine bestehenden aus, außerdem tätigte er zusätzliche Ankäufe über dem Einlösungspreis. Angeblich benutzte er die Exportgenehmigung, um aufgekauften Tabak im Ausland zwischenzulagern und abzuwarten, daß das Gefälle genötigt würde, für höhere als die Einlösungspreise Tabak anzukaufen. Was letztere Berechnung betrifft, so war sie sehr realistisch, das Gefälle sah wieder einmal seine Vorräte zu Ende gehen. Die Hofkammer bzw. deren Nachfolger, das Finanzministerium, konstatierte weiterhin eine ihr sehr unangenehme Abhängigkeit von Sina.

Die Lieferverpflichtung vom Mai 1851 erfüllte Sina unvollständig, dafür bedrängte er die Tabakfabriks-Direktion wiederholtermaßen mit der Erlaubnis, zusätzlich „lose Blätter und Rebel“ liefern zu dürfen, nach Ansicht des zuständigen Beamten, um „sich bei Aufräumung seiner Magazine der seit Jahren angehäuften und nicht verwertbaren Abfälle und Unrates auf die möglichst vorteilhafte Weise zu entledigen.“ Sina hatte gerade entscheidend dazu beigetragen, das Zwangsanlehen der Finanzverwaltung durch seine Beteiligung zu ermöglichen und konnte sich daher dem Gefälle gegenüber einiges herausnehmen, ohne mit Sanktionen wegen Vertragsbruches rechnen zu müssen. Außerdem scheint er in dieser Zeit den Entschluß gefaßt zu haben, sich aus dem Tabak-Liefergeschäft zurückzuziehen und war nicht mehr an einem guten Verhältnis zur Gefällsverwaltung interessiert.

Als diese mit einer Klage drohte, trat Sina nach Ansicht der Tabaks-Fabriksdirektion sehr anmaßend auf: „Die Darstellung … ist in der Tat bemerkenswert und charakterisiert den Mann, von welchem sie ausgeht. … Er entblödete sich sogar nicht, mit zynischer Offenheit zu bekennen, daß es ihm, wenn er geglaubt hätte, die Tabak-Fabriks-Direktion werde auf die Erfüllung des Kontraktes dringen, ein Leichtes gewesen wäre, die jetzt noch verlangten 5725 Ztr. beizuschaffen, daß er dieselben mitterweile an das Ausland verkauft habe.“ Um seine Verdienste um Tabak-Anbau und -Verarbeitung herauszustreichen, verwies er auf mehr als zwei Millionen Zentner Tabakblätter, die er im Verlaufe von 16 Jahren an das Tabakgefälle geliefert habe. Der Direktor der Tabakfabriken riet, auf eine (vermutlich fruchtlose) Klage zu verzichten und statt dessen die Geschäftsbeziehungen mit Sina abzubrechen, da dieser nur auf den „möglichst großen Gewinn, den die rücksichtslose Benützung der Momente gestattet“, scharf sei.

Der Wunsch des obersten Tabak-Beamten ging nicht in Erfüllung. Die Klage gegen Sina wurde eingestellt, letzterer lieferte 1852 erneut Blätter an das Gefälle, er übergab sie direkt in Pest und in dem nach 1849 für die Tabakblätter anscheinend immer wichtiger werdenden Fiume. Nach Meinung des gleichen Direktors Habermann, der sich zwei Monate vorher so nachteilig über Sina geäußert hatte, erschien „das Offert des Freiherrn von Sina … nicht überspannt und … in allen Teilen zur Annahme geeignet“.
Sina war in diesen Jahren auch an den Tabak-Importen der österreichischen Tabakfabriken beteiligt. So wurden Importe aus der Türkei über ein Belgrader Handelshaus, den österreichischen Konsul in Belgrad und das Handelshaus Sina in Wien abgewickelt. Sein Partner bei den Lieferungen nach Frankreich, Pescatore, schloß am 12.9.1851 mit dem Gefälle einen Liefervertrag auf Havanna-Zigarren, deren Bezahlung ebenfalls über Sina abgewickelt wurde. 1852 schloß er – zusammen mit Rothschild – einen Liefervertrag mit dem Gefälle über den Import von 50 Millionen Zigarren aus den Vereinigten Staaten.
Die letzte aktenkundige Lieferung Georg Sinas an das Gefälle betrug 13.500 Ztr. im Jahre 1853, eine im Vergleich zu früheren Zeiten lächerliche Menge. Aufgrund eines Dekretes vom 5.2. 1853 mußte er sie wirklich zum Einlösungspreis übergeben. Es handelte sich höchstwahrscheinlich um die letzten Reste. Nach 1853 gibt es keinerlei Hinweise mehr auf Lieferungen Sinas an die österreichischen Tabakfabriken.

Aus dem Tabakhandel stieg Georg Sina dennoch bis zu seinem Tod 1856 nicht aus. Seit 1851 besaß er zusammen mit Wodianer und dem Triester Händler Philipp Kohen die Lizenz für Tabakausfuhr. Er lieferte mit den beiden anderen zusammen relativ geringe Mengen nach Piemont-Sardinien, Parma, an die römische Tabak-Regie und nach Frankreich. Die Exporttätigkeit war ein ständiger Zankapfel zwischen Sina und den Behörden, die darin den Versuch erblickten, dem Gefälle Tabakblätter zu entziehen, um sie gegebenenfalls – nach Ablauf der Einlösungsfrist und mit Knappheit an Vorräten rechnend –, teurer an dieses verkaufen zu können. Die meisten Akten sind verlorengegangen, aber an den Indizes läßt sich Exporttätigkeit bis Juni 1856 verfolgen.

 

 

2. Die Wolle

 

Wie fast alle großen und mittleren Bank- und Handelshäuser Wiens handelte auch Sina mit ungarischer Wolle. Die Wolle war neben dem Weizen der Haupt-Ausfuhrartikel Ungarns, verarbeitet wurde sie meist in Manufakturen in den Erblanden und in Mähren. Wem Georg Sina die Wolle verkaufte, ist nicht bekannt. Mehr Informationen gibt es darüber, wem er sie abkaufte. Zu seinen Lieferanten zählte ein guter Teil des ungarischen Hochadels, sogar der Palatin Joseph, der auf seinem Gut Alcsút auch Schafzucht betrieb. Wiederholt kaufte Sina die Wolle Stephan Széchenyis, ferner handelte er 1833 und 1834 mit einem Grafen Batthyány. 1843 bot er Széchenyi 95 fl. für die Wolle. (Es scheint, daß die Preise in Konventionsmünze und pro Zentner notiert wurden.) 1846 verkaufte Széchenyi die Wolle von seinen Besitzungen um 102 fl., aber wahrscheinlich nicht an Sina.
Széchenyi war nie in der bedrängten Lage, Notverkäufe machen zu müssen, und holte von allen Seiten Anbote ein, bevor er einen Vertrag abschloß. Viele andere Grundherren brauchten jedoch das Geld so dringend, daß sie die Wolle bereits vor der Schur verkauften und dafür einen schlechteren Preis in Kauf nehmen mußten: „Unsere Grundbesitzer lieben den Luxus, da sie aber nicht die nötigen Mittel dazu besitzen, befinden sie sich in ständiger Geldverlegenheit, vor allem im Winter. Es ist daher ein sehr vorteilhaftes Geschäft, ihnen zu Beginn der Saison einen zur Erntezeit fälligen Vorschußkredit zu geben, um sich ihre Produkte zu einem lächerlich geringen Preise zu sichern. Nach Einbringung der Ernte sind sie verpflichtet, ihre Produkte zum vereinbarten Preise zu liefern …“

Ein Beispiel für die Art der Abwicklung des Wollhandels stammt aus einer (abgewiesenen) Klageschrift gegen Georg Sina:
„Im August 1840 ersuchte die Witwe Ghika den Baron Sina, die seit zwei Jahren in seinem Magazine liegende Bellatinczer Wolle zu verkaufen, weil sie dringend Geld brauche, worauf Sina diese Schaf- und Baumwolle im Gesamtgewichte von 21.395,25 Pfund netto am 17.11. 1840 zu 80 fl./Ztr. käuflich übernahm, da die Wolle wegen der damaligen Krisis nicht verkäuflich war, und die Witwe Ghika bedankte sich bei Baron Sina, … daß er die Wolle zum Tagespreise übernahm. Am 23.11. 1841 verkaufte nun Baron Sina die Baumwolle per 1.371 Pfund netto, um 90 fl., die übrige Wolle aber am 6.2. 1841 auf 3 Monate Zeit um 87 fl./Ztr.
Hieraus erhellet, daß die Wolle durch Kauf in Sinas Eigentum überging und eine etwaige Verpflichtung, den durch Wiederverkauf erzielten Gewinn der Witwe Ghika zuzuwenden, müßte erst im Zivil-Rechtswege erwiesen (werden),… wobei überdies nicht übersehen werden darf, daß Baron Sina die Wolle nur darum teurer an (den) Mann brachte, weil er sie teilweise auf Zeit verkaufte und dabei die Gefahr einer inzwischen eintretenden Zahlungsunfähigkeit des Käufers auf sich nahm, … der Sensal Neumann erklärte … daß Sina die Wolle besser als jeder andere, und zwar um 10-15 fl. teurer verkaufte, weil er sie auf Kredit gab.“

Ein zweites Beispiel: Im März 1849 schloß Sina (der Bürgerkrieg war für ihn sichtlich kein Grund, bei seinen Geschäften eine Stockung eintreten zu lassen,) einen Vertrag mit einem Grafen Keglevich. Sina schickte einen Agenten, der den Vertrag unterschrieb und eine Anzahlung machte. Außerdem gab dieser Bevollmächtigte Sinas dem Grafen eine schriftliche Zusicherung, daß dieser auch weitere Zahlungen auf Vorschuß über das Bankhaus tätigen lassen könne.
Als Sina diese Zusicherung gab, berücksichtigte er offenbar die vom Bürgerkrieg geprägten Zeitumstände nicht, die Transporte durch Ungarn zeitweise unmöglich machten. Er rechnete mit dem Eintreffen der Wolle bald nach der Schur, also spätestens im Juni. Dem war aber nicht so, er erhielt sie erst im August und September. Während der Monate Juli und August kam es infolgedessen zu einem spannungsgeladenen Briefwechsel zwischen dem zahlungsunwilligen Bankier und dem in Geldnöten befindlichen Grafen, der immer wieder kleinere und größere Summen verlangte und sich entschuldigte, daß „es im geringsten meine Schuld nicht sei, daß die Wolle bis jetzt nicht geliefert worden“ sei. Die meinige auch nicht, dachte Georg Sina vermutlich und begann ein grausames Spiel mit dem Grafen: Er sagte ihm schriftlich Beträge zu, deren Auszahlung er dann den Angestellten Keglevichs verweigerte oder verweigern ließ. Der Graf schickte aus verschiedenen Orten immer drängendere Briefe, des Inhalts, daß die Wolle schon von den Schafen herunten sei, die eine oder andere Straße passierbar und es nur mehr eine Frage der Zeit sei, bis die Wolle in Preßburg (bei Sinas dortigem Spediteur) eintreffen müsse. Und bitte, Sina möge doch dem einen Gläubiger Keglevichs seinen Wechsel und einem anderen, seinem Angestellten, etwas Bargeld auszahlen. Sina zahlte säumig und schickte ihm Rechnungen, auf denen nicht ausgezahlte Beträge dennoch verzeichnet waren. Der Graf schäumte, bat aber zähneknirschend noch um eine Galgenfrist. Inzwischen hatte er festgestellt, daß die Wollpreise gewaltig gestiegen waren und er bei späterem Vertragsabschluß 20 fl. pro Zentner mehr erhalten hätte. Sina hatte mit ihm also zu 105 fl. abgeschlossen, der Preis stand im August aber bereits auf 125 fl. Im September war schließlich alle Wolle abgeliefert, sie belief sich auf ca. 300 Zentner. Nach der Abrechnung verblieben dem Grafen abzüglich der im Laufe der vergangenen Monate gemachten Vorschüsse ganze 336 fl.CM Bargeld. Einen bereits zugesagten Kredit auf einen noch auszuzahlenden Wechsel verweigerte Georg Sina ihm, nachdem er ihn vorher 1 1/2 Stunden darauf warten hatte lassen.
Die beiden  „Geschäftspartner“ schieden, wie nach dem bisher Angeführten begreiflich ist, in Unfrieden. Der Graf konnte es sich nicht verkneifen, Sina im Dezember davon zu benachrichtigen, daß er seine Wolle für das Jahr 1850 an einen anderen Händler zu einem besseren Preis als die von 1849 verkauft hatte – zu 117 fl. Diese „Erfolgsmeldung“ beinhaltet aber gleichzeitig die Information, daß sich Keglevich in noch größerer Geldnot als im Jahr zuvor befand, da er bereits im Dezember die Wolle des kommenden Jahres verkauft hatte.

Bei der Wolle schloß Sina, ähnlich wie beim Tabak, manchmal längerfristige Lieferverträge: In einem Vertrag ist die Rede von einem „auf alle Illésházy’schen Güter … ausgedehnten … noch 5 Jahre zu bestehen habenden Woll-Kontrakt“.
In der Bilanz des Bankhauses vom 18.5. 1856 scheint unter „Schaf Woll Lager“ die Summe von 53.267 fl. auf, es befanden sich also, wenn man die Preise von 1849 zur Grundlage nimmt, rund 450 Ztr. Wolle im Lager des Bankhauses – zu einem Zeitpunkt, wo die Schur gerade erst begann, also noch keine diesjährigen Lieferungen eingetroffen waren. Aus dem läßt sich auf ein ziemlich geräumiges Lager und eine umfangreiche Handelstätigkeit schließen. Unter den „Debitoren“ des Bankhauses scheint eine Brünner Firma mit der Ergänzung „Woll Conto“ auf, an die Sina die Wolle zur Weiterverarbeitung verkaufte.

 

3. Sonstiges

3.1. Holz und Kohle

Georg Sina handelte in den Jahren 1835 bis 1843, vielleicht auch länger, mit Brennholz, das er aus Ungarn einführte und nach Wien verkaufte. Wahrscheinlich stammte dieses Holz von seinen ungarischen Besitzungen.
Er handelte auch mit Steinkohle. Er war von 1835-1846 Pächter der Steinkohlengruben von Brennberg (bei Sopron). In dieser Eigenschaft folgte er dem Bankhaus Fries, nachdem dieses in Konkurs gegangen war. Er verpachtete diese Gruben entgegen den Vertragsbestimmungen weiter an den Ziegelfabrikanten Alois Miesbach, der bereits 1836 dampfgetriebene Loren und Pumpen beim Abbau einsetzte. Gemeinsam reichten die beiden 1838 eine Beschwerde an die Hofkammer wegen der Lieferbestimmungen an Soproner Unternehmer ein. Es gab nämlich kontraktmäßig festgesetzte Preise und Lieferverpflichtungen an die Stadt Sopron, deren Ausdehnung auf Privatabnehmer die beiden Pächter bestritten.
In den Jahren 1830 und 1831 bemühte sich Sina gemeinsam mit den Wechselhäusern Rothschild, Geymüller, Arnstein & Eskeles, Stametz, Schnapper und Wertheimstein um Erlangung eines Privilegiums zum Steinkohlen-Bergbau in Dalmatien. Sie wollten ein Steinkohlenflöz „am Monte Promina bei Dernis“ erschließen, das schon seit 50 Jahren bekannt, jedoch aus Mangel an Hilfsmitteln, d.h., Kapital, nie ausgebeutet worden sei. Die Pläne dieser versammelten Vertreter des Großkapitals waren ehrgeizig: Sie wollten eine Eisenbahnlinie zum Meer errichten, eigene Dampfschiffe für den Kohlentransport bauen, neben dem Bergwerk Ziegelbrennereien errichten und so die Ziegelproduktion erhöhen und Lagerstätten auf der Insel Lissa (Vis, Kroatien) errichten. Bei Erhalt des Privilegs wollten sie auf ihre Kosten die gesamte dalmatinische Küste „von Cattaro (Kotor, Montenegro) bis Monfalcone“ nach weiteren Kohlevorkommen untersuchen lassen. Für diese großangelegten Pläne wollten die Initiatoren eine AG gründen und erbaten sich von der Regierung ein Privilegium auf 99 Jahre.

Die Staatsverwaltung war von dem Projekt sehr eingenommen. Allem Anschein nach ist aber nichts daraus geworden, denn es gibt keine weiteren Hinweise darauf, daß die AG gegründet oder der Abbau in Angriff genommen worden wäre. Die Ursache für dieses Ansuchen war der Kohlebedarf der DDSG(3) und der Eisenbahnen, und der Plan wurde hinfällig, als sich den Betreibern woanders kostengünstigere Kohlevorkommen auftaten, im Banat und in Mähren.

 

3.2. Salz

Als Sina sich aus dem Tabakgeschäft zurückzog, faßte er den Handel mit einer anderen Monopol-Ware ins Auge, mit dem Salz. Dabei war er gegenüber seinem großen Konkurrenten, Rothschild, im Nachteil, der bereits 1845 eine Saline bei Venedig gepachtet hatte und seither mit Salz, offenbar mit Meersalz, handelte. Sina verlegte sich auf das siebenbürgische Salz. Die Gelegenheit zum Einstieg in dieses Geschäft bot sich ihm im Revolutionsjahr 1848. Er übernahm einen Vertrag auf ca. 15.000 nach Preßburg zu liefernde Pfund Salz von 2 ungarischen Händlern, Janicsar und Buday, die aufgrund der Kriegshandlungen ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen konnten. Sina gelang es, den Transport, wenngleich mit einiger Verspätung, zu bewerkstelligen. Außerdem übernahm er einen Salzlieferungs-Vertrag der ungarischen Zentraleisenbahn für Salzlieferungen nach Komárom und Győr.

Im letzten Jahr seines Lebens, 1855, übernahm Georg Sina die Abwicklung der Zahlungen für eine Salzlieferung nach Russisch-Polen. Gleichzeitig versuchte er den Salzhandel Österreichs mit Serbien in seine Hand zu bekommen.
Dieser war zunächst ein Anliegen der österreichischen Regierung. Dabei sollte siebenbürgisches Salz über die Theiss und Donau nach Belgrad geliefert werden. Dieser Salzhandel wurde von Seiten Österreichs als willkommenes Mittel zur Einflußnahme auf Serbien betrachtet. Das Geschäft wurde über den österreichischen Konsul in Belgrad abgewickelt. Der erste Versuch der Salzlieferung endete mit einem Flop, da die österreichische Seite – angeblich wegen des niedrigen Wasserstandes der Flüsse, vor allem des Maros –, ihre Lieferverpflichtungen nicht einhalten konnte.
Die serbische Regierung war einer Verlängerung des Vertrages eher abgeneigt. Der türkische Kommandant der Belgrader Festung jedoch legte Wert auf eine Fortsetzung der Handelsverbindung mit Österreich, außerdem bot ihm der durch die Säumigkeit der österreichischen Regierung eingetretene Knappheit willkommene Gelegenheit, sich als bessere Alternative zur serbischen Regierung zu präsentieren. Er beauftragte den griechischen Kaufmann Fitzio mit der Sicherstellung dieser Salzlieferung. Fitzio wandte sich an Georg Sina und wurde mit ihm allem Anschein nach schnell handelseinig. Sina beantragte ein Salzquantum von 100.000 Ztr. jährlich. Das Salz sollte über das noch in türkischer Hand befindliche Bosnien geliefert werden. Obwohl die österreichischen Behörden weiterhin versuchten, mit der serbischen Regierung direkt ins Geschäft zu kommen, beantragte Sina die gesamte mit Fitzio vereinbarte Salzmenge 500.000 Ztr. innerhalb von 5 Jahren – für Bosnien. Diese wurde ihm verweigert, weil die Verhandlungen des österreichischen Konsuls mit der serbischen Regierung noch nicht abgeschlossen waren und die Konkurrenz Sinas unerwünscht war. Mit diesem Stand der Dinge erbte der Sohn Georg Sinas das Geschäft. Der Vertrag mit Fitzio bestand anscheinend, es galt, ihn zu erfüllen. Simon Sina beantragte zunächst 70.000 Ztr. Ihm wurde mitgeteilt, daß er diese Menge aus den Lagerräumen in Szeged beziehen könne. Daraufhin begann ein Tauziehen zwischen dem Ärar und Sina: Der Ärar bestand darauf, ihm das Salz in Szeged zu verkaufen, Sina hingegen wollte es an das Save-Ufer gestellt bekommen, da es sein Belgrader Partner unbedingt über Bosnien beziehen wollte. Der weitere Verlauf dieses seltsamen Salzhandels ist unbekannt.

 

3.3. Kupfer?!

Schließlich räumte Georg Sina der „oberungarischen Waldbürgerschaft“ einen Kredit ein, als angeblich andere diesem Gremium kein Geld mehr leihen wollten. Diese Waldbürgerschaft war ein Verein von Bergweksbesitzern in der Zips, die sich in den dreißiger Jahren von den ärarischen Hütten in Schmöllnitz (Smolník, Slowakei) und Altwasser (Stará Voda, Slow.) lösen und ihre Erze selbst verhütten wollten. Neben zwei von ihnen betriebenen Hütten in der Nähe von Schmöllnitz, in denen Silber- und Kupfererze verarbeitet wurden, begannen sie 1845 mit dem Bau einer neuen Hütte bei Krompachy. Mit diesem Bau hatten sich die Gewerke übernommen, außerdem bedienten sie sich bei der Verarbeitung der stark antimonhaltigen Erze veralteter und nicht zielführender Verfahren. Dadurch wuchs die ursprünglich für den Bau der dritten Hütte aufgenomme Schuldsumme, die „Waldbürger“ mußten bereits die für den Bergwerksbetrieb vorgesehenen Notgroschen angreifen, um die Zinsen für die Kredite zahlen zu können. Sina gewährte ihnen 1853 einen Kredit, zu den folgenden Bedingungen:

____________________

„1. Diese Waldbürgerschaft verbindet sich, ihre sämtlichen für den Wiener Platz bestimmten Kupfer & Quecksilber, und zwar mindesten+ 1000 Ztr. Kupfer monatlich, dem Hause Sina allein, franco aller Spesen loco Wien zu übergeben.

2. Sie vergütet diesem Hau+ 1 1/2% Verkaufsprovision und 1/2% Magazinage.

3. Da+ Hau+ SGS eröffnet der Waldbürgerschaft ein Conto current gegen 6% gegenseitige Zinsen und 1/2% Bankprovision, mit 3monatlichem Abschluß.

4. Da+ Hau+ Sina verbindet sich der Waldbürgerschaft gegen obige Deckung von 1000 Ztr. Kupfer monatlich 70.000 fl.CM al+ Vorschuß zuzumitteln.

5. Dasselbe Hau+ übernimmt die Kommission+-Kupfer bei J.G.Schuller von 1900 Ztr. und bezahlt an diese+ Hau+ die waldbürgerliche Schuld von 95.599 fl. und an Ludwig Kuschel den Vorschuß von 30.000 fl.

6. Den Verkauf besorgt da+ Hau+ Sina, nach Maßgabe der Ärarialpreise, aber e+ bleibt ihm anheim gestellt, wenn e+ die Verhältnisse erfordern, auch darunter zu verkaufen.“

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Was Sina zu diesem Kredit bewogen hat, läßt sich nur raten. Ein zukunftsträchtiges Unternehmen, das sich nur auf einer kurzfristigen Durststrecke befand, scheint dieses Verhüttungsprojekt nicht gewesen zu sein. Ein Beweggrund persönlicher Natur ist denkbar: Der Vorsitzende der Waldbürgerschaft war György Andrássy, ein alter Freund Széchenyis. Vielleicht war es ihm gelungen, Sina zu dem Kredit zu überreden. Sina mag sich gedacht haben, mit dem als Pfand und Teilabzahlung erhaltenem Kupfer werde sich wohl auch ein Geschäft machen lassen. 40 Jahre früher hatte er auch mit Waren aller Art gehandelt und war zu der Überzeugung gelangt: Verkaufen läßt sich alles!
Es scheint aber nicht alles nach Wunsch gelaufen zu sein. Ursprünglich war der Vertrag nur „auf ein Jahr“ befristet. Die ursprüngliche Kreditsumme wurde nicht genannt. Der Kredit wurde auf jeden Fall verlängert und vermutlich auch ausgedehnt. 1856 betrug die Schuld der Waldbürgerschaft beim Bankhaus Sina 430.353 fl. In der Bilanz des Bankhauses scheint gleichzeitig ein „Kupfer-Conto“ auf, mit einem äußerst geringen Betrag von 7.000 fl. Wenn die Waldbürgerschaft tatsächlich 1000 Ztr. monatlich geliefert hat, wie sie sich in obigem Vertrag verpflichtet hatte, so heißt das, daß Sina das Metall sehr schnell an den Mann gebracht hatte, da sich kaum etwas im Lager befand. Wahrscheinlicher sind jedoch Stockungen bei der Lieferung.

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(1) Lämel war ein Prager Bankier und einer der großen Konkurrenten Sinas, dem es in Verein mit den anderen drei „Häusern“ gelang, ihn während des Vormärzes von den einträglichsten Geschäften mit der Staatsverwaltung fernzuhalten.

(2) Über das Verhältnis Sinas zu Eichhoff siehe: VI. DER GRUNDBESITZ

(3) „Steinkohlen sind bekanntlich die Seele der Dampfschiffahrt ... Bisher versahen wir uns aus drei Gruben, die von Brennberg, Mohács und Oravicza, worunter die letzte die vorzüglichste, aber auch die entferntesten sind, daher sie für die oberen Schiffe auch nur zur Bergfahrt verwendet werden. ... Gewiß wird die Hoffnung auf lohnenden Absatz mit der Zeit mehrere Kohlenlager auffinden lassen ... wie uns die Moldau hinlänglich für unsere Magazine in Galatz versieht,“ allerdings recht teuer. .... Oberösterreich ... „Die in Dalmatien aufgefundenen Steinkohlen haben die Aufmerksamkeit eines Hauses auf sich gezogen, dessen große Geldmittel es vorzüglich zu Unternehmen geeignet machen, welche eine große Vorauslage und Zeit erfordern, um die angelegten Kapitalien zum Ertrag zu bringen. Es steht zu erwarten, daß diese Kohlen-Werke auf eine Art betrieben werden, um tief liegende Adern zu gewinnen, was fast bei allen Kohlen-Werken in Österreich noch zu geschehen hat, und dann werden unsere, so wie alle Dampfboote des Mittelmeeres, einer großen Sorge enthoben sein und dieser Brennstoff wohl auch minder teuer sein als der, den wir aus England holen müssen.“ Archiv der DDSG, Protokollbuch I, Sitzung vom 13.2. 1837

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