3. Ein Beispiel für die Kreditverbindungen der 30-er und 40-er Jahre: Die Pester Zuckerraffinerie

 

1.) Einleitendes zur Zuckerproduktion in Ungarn

In den dreißiger Jahren kam es zu einer Anzahl von Zuckerfabriken-Gründungen. Da der Zuckerverbrauch Ungarns ausschließlich aus dem Import gedeckt wurde und dadurch die Handelsbilanz belastete, außerdem Zucker mit hohen Einfuhrzöllen belastet war, sahen viele Personen in der Zuckerproduktion einen vielversprechenden Geschäftszweig mit gesichertem inländischen Markt, in den es sich zu investieren lohnte. Wenn man von der Raffinerie in Fiume absieht, die wegen Zoll- und Transportproblemen in eben dieser Zeit geschlossen wurde, so war die erste Raffinerie Ungarns die von Sopron, die 1806 von den Soproner Bürgern János Rupprecht und Kristóf Kühn nach dem Konkurs der Vorbesitzer gekauft worden war. Während der Kontinentalsperre befand sie sich außer Betrieb, nach Ende des Krieges wurde der Betrieb wiederaufgenommen.(1) Im Unterschied zu allen anderen Zuckerfabriken oder -raffinerien sind keinerlei Schwierigkeiten bekannt, mit denen sie zu kämpfen gehabt hätte. Sie war bis 1848 ununterbrochen in Betrieb.

Einer der größten Propagandisten der Zuckererzeugung war der aus Preßburg stammende Gottfried Julius Limberger, der angeblich bereits 1827 eine kleine Zuckerfabrik betrieben hatte. 1831 richtete er die Zuckerfabrik Graf Josef Apponyis in der Nähe von Preßburg und noch einige andere, wie die von Graf Anton Forgách in Gács (Halič, Slowakei), ein. 1833 war er eine Zeitlang Direktor der Zuckerfabrik von Nikolaus von Lacsny in Bátorkeszi (Vojnice, Slowakei), 1834 gründete er ein eine Gewerbeschule in Pest, in der er die Zuckererzeugung im Heimbetrieb propagierte. Später übersiedelte in das Komitat Baranya und gründete dort selber eine Zuckerfabrik.(2) Die meisten der Zuckerfabriken stellten Rohzucker aus Zuckerrohr oder Rüben her und verfügten über keinerlei oder ungenügende Raffinierungseinrichtungen.
Der neue Industriezweig hatte mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, deren Hauptproblem – außer dem allgemeinen Kapitalmangel – in der Beschaffung der Rohstoffe lag. Der Kolonial- oder Rohrzucker war mit hohen Importzöllen belastet und mußte aus Triest oder Fiume bezogen werden, was auch noch beachtliche Transportkosten zur Folge hatte. Die Zuckerrübe hingegen war bis in die späten zwanziger Jahre in Ungarn weitgehend unbekannt, ihre Verbreitung unter der ackerbauenden Bevölkerung wollte nicht so recht gelingen. Für den Verzehr nicht geeignet, bestand der einzige Anreiz für die leibeigenen Bauern in dem Abnahmepreis, den der Zuckerfabrikant ihm bot, und dieses Angebot lockte nur wenige. Landarbeiter für den Anbau auf gepachteten Gründen oder den Allodialgründen der Adligen waren schwer aufzutreiben und verstanden obendrein nichts vom Anbau dieser neuen Feldfrucht. Infolgedessen blieben von den vielen im Verlauf der dreißiger Jahre gegründeten Zuckerfabriken nur wenige bis in die vierziger Jahre bestehen und auch diese meist nur, wenn sie im Besitz von Großgrundbesitzern waren, denen Land, Energie und Arbeitskraft zumindest teilweise kostenlos zur Verfügung standen.

 

2.) Die Anfänge der Pester Zuckerraffinerie. Die Kreditaufnahme bei Kappel

Der Begründer der Pester Zuckerraffinerie, Karl Lichtl, hatte sein Vermögen mit gänzlich anderen Geschäften erworben. Lichtl handelte in den zwanziger Jahren mit Papier, von 1822 bis 1824 mit Kunstgegenständen, Globen, Noten und ähnlichem in einem »Kunst- & Industrie-Comptoir« in der Váci utca in Pest.(3) Von 1826 bis 1829, vielleicht auch danach, betrieb er einen Blutegel-Export, angeblich in Sopron(4), der aber im Zensus von 1828 nicht erwähnt wird.(5). Er handelte mit Siebenbürgen(6), mit Frankreich(7), noch in den dreißiger Jahren richtete er verschiedene Gesuche an den Magistrat der Stadt Pest, in denen er um die Erlaubnis ansuchte, Waren unbekannter Provenienz nach England ausführen zu dürfen.(8)

1829 ging er mit seinem Schwager Karl Ellenberger eine Geschäftsbeziehung ein mit der Absicht, eine Zuckerraffinerie zu gründen. Das gemeinsame Vermögen der beiden schätzte das zuständige Gericht auf 572.625 fl. WW. Der größte Teil dieses Vermögens scheint aber nicht flüssig gewesen zu sein, denn als die beiden am 4.5.1830 vom Statthaltereirat das Privilegium für die Erzeugung und Raffinierung von Zucker erhielten(9) und die Pester Zuckerraffinerie in der Új utca in der Theresienstadt(10) einrichteten, waren sie bald auf Fremdkapital verwiesen, um die Rohmaterialien einkaufen und die Produktion aufnehmen zu können. Zu diesem Zweck wendete sich Lichtl an den Pester Großhändler und Bankier Kappel. Dieser war bis dahin der größte Zuckerimporteur Ungarns und war offenbar entschlossen, auch an der Zuckererzeugung – unter Ausnützung seiner Geschäftsbeziehungen – kräftig mitzuverdienen.
Von ihm erhielt Lichtl einen Kontokorrent-Kredit in der Höhe von 40.000 fl. CM zu den folgenden Bedingungen: Der Kredit war mit 6% verzinslich, aber zusätzlich waren 6% Provision zu entrichten. (Unter welchem Vorwand Kappel diese Provision verlangte, läßt sich leider nicht mehr in Erfahrung bringen, da die Unterlagen nicht mehr existieren.) Den Rohrzucker lieferte die Firma Buschek aus Triest im Wechselgeschäft, aber die Wechsel Lichtls mußten mit einem Akzept Kappels versehen sein, damit sie von Buschek angenommen wurden. Für dieses Akzept verlangte Kappel nochmals 4% Provision. Interessant ist hier zunächst, daß von dem Triester Händler der Akzeptkredit eines ungarischen Kaufmannes angenommen wurde, und nicht, wie sonst üblich, ein österreichischer für den Kreditnehmer bürgen mußte.
Diese Bedingungen sind außerdem ein gutes Beispiel dafür, wie der offiziell festgesetzte Höchst-Zinsfuß von 6% problemlos – und wie wir später sehen werden, ohne größere Schwierigkeiten für den Verleiher – umgangen werden konnte.

Dennoch nahm Lichtl diesen Wucher-Kredit noch weiter, angeblich bis zu einer Höhe von 56.000 fl. CM in Anspruch. Bei der Tilgung geriet er jedoch sehr bald in Schwierigkeiten.(11)
Bei solchen Kreditbedingungen, wie Gyömrei richtig feststellt, „konnte nur Kappel an dem Geschäft verdienen“.(12) Zusätzlich hat vermutlich das junge Unternehmen wie viele andere an der Cholera-Epidemie der Jahre 1830 und 1831 und den damit einhergehenden Quarantänebestimmungen und Kordons gelitten. Es ist wahrscheinlich auch nicht einfach gewesen, geeignete Arbeitskräfte zu finden: Bei den Verhör-Protokollen anläßlich des Brandes 1838 scheinen als Facharbeiter nur Männer auf, die aus dem deutschsprachigen Raum stammen. Außerdem dürften Lichtl und Ellenberger erst im Verlauf der Produktion die Wichtigkeit des Spodiums oder der Knochenkohle als Zusatzstoff (Bleichmittel) für die Raffinierung des Zuckers erkannt haben, denn auf Lichtls Gesuch hin verlieh ihm der Statthaltereirat im April 1832 ein Fabriksprivileg für die Erzeugung von Spodium und Salmiak, das mit der Verfügung verbunden war, daß ausschließlich Lichtl in Pest Knochen sammeln lassen dürfe.(13) Daraus ergab sich ein bis 1839 währender Streit mit dem Zuckerfabrikanten Lacsny, der ebenfalls in Pest Knochen sammeln und in der Franzensstadt zu Spodium verarbeiten ließ, bis seine Spodiumfabrik 1839 „aus polizeilichen Gründen“ von den Behörden verboten wurde.(14)
Erst 1834 wurde die Spodiumfabrik Lichtls in Betrieb genommen.(15) Im gleichen Zeitraum war das gesamte Unternehmen bereits vom Konkurs bedroht. Um das Konkursverfahren abzuwenden, schloß Lichtl am 24. April 1834 mit dem Zuckerhändler Buschek in Triest sowie mit den Pester Händlern Karl Burgmann, M. A. Cahen und Franz von Jálics einen Vertrag zur Regelung seiner Außenstände.

 

3.) Der Vertrag von 1834

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Obligativer Vertrag

Um einen langwierigen und kostspieligen über die Ehegatten Karl und Karoline Lichtl, respective Eigentümer der Pesther Zucker Raffinerie verhängten Concurs zum besten Intereße aller Gläubiger zu heben, erklären wir Endgefertigte in bester Rechtsform uns zu nachfolgenden Bedingungen einverstanden und verpflichtet zu haben.

1tens Wir Karl Burgmann, M.A. Cahen, Franz A. von Jalics in Pesth, und Johann Buschek in Triest, mittels seines in Pesth anwesenden Bevollmächtigten C.L. von Bruck, verpflichten uns feierlichst als Darleiher, die Friedrich Kappel’sche Schuldforderung an Karl und Karoline Lichtl von Gulden 45.000 samt Intereßen bis Ultimo August l. J. mit dem im nächstfolgenden Punkte enthaltenen Vorbehalt in gerichtliche Hände zu deponiren, damit diese bedeutende Summe bis zur völligen Austragung der Sache sicher und nutzbringlich angelegt werde, und um dadurch Friedrich Kappel von jedem Einfluße in die Angelegenheiten der besagten Raffinerie entfernt zu halten und alle Störungen in deren fernerem Fortbetrieb zu vermindern.

2tens Da Karl Lichtl die Richtigkeit der Friedrich Kappel’schen Forderung durchaus nicht anerkennt, und sowohl selbst gegen diesen seinen Gläubiger den Rechtsweg ergriffen hat, als auch von Seite des königlichen Fiscus gegen Friedrich Kappel aus Anlaß des Wuchers die gesetzliche Einschreitung erhofft, so soll alles was in dieser Beziehung dem Karl Lichtl entweder gerichtlich zugesprochen wird, oder aber dem Karl Lichtl als Entschädigung oder wie immer zufällt, zur Massa geschlagen werden, und der Massa zu Gute kommen.
3tens Die Passiven, welche die Raffinerie betreffen, betragen laut sub A beiliegendem Ausweise ohne Zinsen bis ultimo August l. J. die Summe von Gulden 97.693 und 16 kr. Conventions Münze indem Karl Lichtl sich verpflichtet im Laufe des Monats August l. J. die noch vorgemerkten Gutstehungen nebst anderen Posten löschen zu lassen, die Zinsen bis August l. J. werden nachträglich hiezu gerechnet.

4tens Dagegen betragen die Activen laut sub B anschlüßigem Verzeichnis Gulden 75.050 und 55 kr. Conventions Münze worauf sich also ein Deficit von Gulden 22.642 und 21 kr. Conventions Münze gegen die Passiven herausstellt.

5tens Gegen dieses Deficit verpfändet Karl Lichtl die in der sub C beiliegenden Note aufgeführten Separat Activen im Betrag von Gulden 41.760 und 36 kr. Conventions Münze, welche er sich verpflichtet so schnell wie möglich mit Zustimmung und unter Leitung der weiter unten bestimmten Administratoren zu realisieren, und dadurch das Deficit zum vollen Belaufe zu decken.

6tens Um obiges Dahrlehen den Darleihern zu verbürgen, verpflichten sich die übrigen Gläubiger zu nachfolgenden Bedingungen:

a:/ Die Herren Karl Burgmann, M.D.Cahen, Franz A. von Jalics in Pesth besorgen die Administrazion der Raffinerie, wozu ihnen kraft dieses Vertrags alle Vollmacht eingeräumt wird, unter strengen Beobachtungen jedoch der Mauth Vorschriften nach eigenen Ansichten und Gutdünken zum besten Intereße der Massa

b:/ Herr Johann Buschek in Triest besorgt den Ankauf, Verpackung und Versendung aller benöthigenden Zuckermehle von Triest nach Pesth gegen Berechnung bei eigener Waare zu den erweislichen Verkaufspreisen, und bei fremder Waare zu den Ankaufspreisen, außer dem die Unkosten und Ein Prozent Provision, wobei derselbe sich jedoch strenge nach den Vorschriften der Administrazion zu richten hat, für deren genaue Beobachtung derselbe persönlich verantwortlich bleibt, und sich wegen der Deckung des Betrags mit der Administrazion einverstehen wird.

c:/ Für den Betrag der für die Kappl’sche Forderung deponirten Gelder räumen die übrigen Gläubiger den Darleihern das Prioritäts Recht auf die ganzen jedesmaligen Activen von der Raffinerie nach vorheriger Befriedigung der während der Administrazion entstandenen Passiven hiermit ein, sodaß sie das Recht haben, sich aus dem Uiberrest vorerst für jenen Betrag völlig bezahlt zu machen, und dann pro Rate die übrigen Gläubiger zu bezahlen.

d:/ Die Administrazion geschieht unter dem Titel »k.k. privilegirte Pesther Zucker Raffinerie« und die Firma bleibt den Herren Karl Burgmann, M.A. Cahen und Franz A.v. Jalics ausschließlich vorbehalten. Die Unterschrift eines jeden ist verbindlich für die Administrazion, welche die Geschäfte nach einem von ihr selbst entworfenen Regulativ gemeinschaftlich leiten wird.

e:/ Jährlich wird die Administrazion den Gläubigern durch eine genaue Billanz den Stand der Geschäfte bekannt machen, und soll immer jedem Gläubiger das Recht zu stehen zu Pesth von allen Raffinerie Geschäften Einsicht zu nehmen, so wie auch jedem das Recht unbenommen bleiben soll, seine Forderung an andere zu verkaufen, wodurch jedoch die hiermit eingeforderten Verbindlichkeiten keine Veränderung erleiden dürfen

f:/ Sollte Einer oder der Andere von den Darleihern mit tod abgehen, und die Erben oder seine Nachfolger die Verbindlichkeiten und Rechte des Verstorbenen übernehmen oder Niemand an dessen Stelle treten wollen, zu welcher Uibertragung jedoch die Mehrheit der Gläubiger nach Maßgabe des Betrages ihrer Forderung, die Zustimmung geben müßten, so muß der von dem Verstorbenen gehabte Anteil an der gemeinschaftlich deponirten Summe binne 6 Monaten aus dem Raffinerie Geschäfte gezogen und rückbezahlt werden, in welchem Falle jedoch alle anderen Ansprüche jeder Art, so wie auch auf jeden noch rückständigen Gewinn Anteil verlohren gehen.

7tens Die Administrazion geschieht demnach für Rechnung der in dem Ausweise A aufgeführten Gläubiger, welche jedoch in keinem Falle für mehr als den Betrag ihrer Forderung verbindlich sein sollen. Die erhobenen Zinsen und Gewinste bleiben in allen Fällen ihr volles Eigentum.

8tens Jährlich werden den Darleihern und anderen Gläubigern die Zinsen von 6% von der Administrazion bezahlt

9tens Sollte sich bei einer Billanz ein Verlust ergeben, so ist die Administrazion verbunden, eine Zusammenkunft der Gläubiger in Pesth auszuschreiben, um über die nothwendigen Maßregeln zu entscheiden.

10tens Die jährlichen Gewinste nach Bezahlung der Intereßen laut § 8 werden stets unter die Darleiher und Gläubiger verhältnismäßig nach der Größe ihrer Forderung verteilt, und wenn das Geschäft sein Ende erreicht, so werden vorerst die Passiven der Administrazion, dann das ganze Darleihen bezahlt, und endlich der Uiberrest unter die andern Gläubiger pro Rate vertheilt

11tens Sollten nach einer solchen Auflösung die Gläubiger in Rücksicht auf § 2 & 5 nicht ihre volle Befriedigung erhalten, so bleibt Herrn Lichtl für den fehlenden Betrag ihr Privat Schuldner, und hat sich mit ihnen deßhalb zu verstehen

12tens Die Dauer dieser Verbindung wird bis Ende Ein Tausend acht hundert und Vierzig festgesetzt, und verpflichtet sich Herr Karl Lichtl, während der Dauer dieser Zeit von seinen respektiven Privilegien keinen anderen Gebrauch irgend einer Art als zu Gunsten der Administrazion zu machen, und die Urkunde in ihre Hände nieder zu legen, ferner verbindet sich Herr Karl Lichtl die Manipulazion der Raffinerie persönlich zu leiten, und zu besorgen, oder durch eine andere von ihm /: im Todesfalle von seinen Erben :/ bestellte und bezahlte geeignete Person leiten zu lassen, welche jedoch von der Administrazion genehmiget werden muß.

13tens Derselbe verpflichtet sich ferner die sämtlichen Erzeugungs und Regie Kosten der Raffinerie bei Verarbeitung von monatlich Fünfhundert a achthundert Zentner zu Gulden Zwey und Dreyszig Kreuzern in Conventions Münze per Zentner Roh Zucker, von Neunhundert a Zwölfhundert Zentnern zu Gulden Zwey in Conventions Münze zu übernehmen, in welchen Preisen auch die Miethe Anschaffung und Unterhaltung des Locals der Raffinerie, der Utensilien, Requisiten und Materialien, sowie die Ablieferungs Kosten der fertigen Zucker bis in die Niederlage, die Herstellung der Hof Zucker Fäßer, und die Anfertigung der Candis Kisten und Syrop Tonnen, mit inbegriffen sind, und zwar daß der Administrazion nur die Kosten des Hof Zuckers, die Fracht und Mauthgebühren bis Pesth, und die Kosten des Papiers, Spagat, Assekuranz der vorräthigen Zucker und Syrop, dann die Kosten der Niederlage zum Verkaufe der fertigen Zucker und dann die Comptoir Spesen zur Last fallen, mithin dem Herrn Karl Lichtl für alle anderen Spesen, wobei er verpflichtet ist, das Fabriks Gebäude, Utensilien, Requisiten auf seine eigenen Kosten assekuriren zu lassen, nur monatlich die oben festgestellten Preise auf das wirklich verarbeitete Quantum Zuckermehl zu vergüten kommt, und wobei sich derselbe über die zu erzeugenden Qualitäten, so wie in allen anderen Vorfällen, welche die Raffinerie Geschäfte betreffen, nach der Anweisung der Administrazion zu richten hat.

14tens Endlich verpflichtet sich Herr Karl Lichtl die Auflösung dieser Vereinbarung die vorhandenen Utensilien, Requisiten und Materialien mit Ausnahme aller Arten von Süßstoffen, Papier und Spagat zu dem in der Note 13 dafür angenommenen Werth von Gulden 21.078 und 44 kr. Conventions Münze unverweigerlich, worinen solche auch bestehen, und in solchem Zustande sich solche auch befinden mögen, für seine alleinige Rechnung zu übernehmen, und um die Gläubiger für diese Verbindlichkeit sicher zu stellen, bewilliget derselbe, daß von den in vorhergehenden § festgestellten Erzeugungs und Regie Kosten Fünfzehen Kreuzer Conventions Münze per Zentner, bis zum Belaufe jenen Betrags einbehalten, und ihm gutgeschrieben werden, für welche Summe derselbe jedoch ebenfalls jährlich 6% Zinsen und auch pro Rate seinen Antheil an Gewinn genießen soll.

15tens Für jenen Betrag, den Herr Karl Lichtl aus den in der Beilage C verzeichneten Separat Activen realisiren wird, und in das Raffinerie Geschäft laut § 5 einzulegen hat, soll derselbe gleich allen andern Theilnehmern seinen Antheil pro Rate vom Gewinn erhalten.

16tens Durch die Unterschrift der Darleiher und aller übrigen Gläubiger, werden alle Punkte des gegenwärtigen Vertrages, sowohl für die Unterzeichneten Karl Lichtl, seiner Ehegattin und Erben. als wie für die Darleiher und alle Gläubiger unverbrüchlich und gegenseitig verbindlich

17tens Sobald alle Gläubiger außer Friedrich Kappel unterzeichnet, und Karl Lichtl die Auslöschung der vorgemerkten Gutstehungen und anderen Posten erwirkt hat, geschehen sogleich die nothwendigen Schritte um die Erlaubniß zur Deponirung der Friedrich Kappel’schen Forderungen mit Intereßen bis ultimo August l. J. in der Art zu erwirken, daß dieses Kapital angelegt, und verzinst werde, so zwar, daß in keinem Falle, weder Friedrich Kappel noch sonst Jemand dafür irgend eine Anforderung von Kapital oder Zinsen an die genannten Darleiher und Gläubiger haben könne.

18tens Ist diese Deponirung in gehöriger Form bewirket worden, und geschehen, so tritt die Administrazion augenblicklich in Wirkung nach der vorstehenden ausgesprochenen Bestimmung mittelst Uibernahme und Inventur aller Activen und Passiven, und läßt sich in deren unantastbaren und für die vereinten Darleiher und Gläubiger unstreitbaren Besitz setzen.
Sollte jedoch bis ultimo September l. J. die Administrazion aus welchem Grunde und Ursache es auch immer sein möge, nicht beginnen können, so hört die Verbindlichkeit der Unterschriften dieses Vertrages für alle Theile auf

19tens Alle Streitigkeiten, welche zwischen den Unterzeichneten über irgend einen Punkt dieses Vertrages entstehen könnten, sollen durch drey Schiedsrichter nach Stimmen Mehrheit entschieden werden, indem die Contrahenten auf die Beobachtung der Gerichts Ordnung und auf jede Ein- und Widerrede gegen das gefällte schiedsrichterliche Urtheil zum Voraus verzichten, die Schiedsrichter sollen unter den in Pest befindlichen matriculirten Großhändlern von beiden Streitenden einer, und von diesen beiden der dritte erwählt werden. Könnten diese beide über die Wahl des dritten sich nicht verstehen, so soll diese Wahl dem Stadt Gericht anheim gestellt werden.
Urkund dessen unser eigenhändige Unterschrift nebst Beidrückung des gewöhnlichen Insiegels.
So geschehen in Pesth den 24. Juli Eintausend Achthundert dreißig Vier

  Josef Kloger                                                                  Karl Lichtl
Dioszegi als Eigenthümer von 5 Stück von                        Karoline Lichtl
Ludw. Damböck gekaufte Wechsel 20¢ 5.000                             geborene Hadaun
  Alex. Daumas                                                              p.p. Johann Buschek
  Simon Lämel                                                                            als Darleiher und                                                                                                                           Gläubiger
J.M. Thomanns Söhne für sich und im                              C.L. von Bruck
Namen dH. Profinet u. Beckers                                         Karl Burgmann
  M. Kattin & Co.                                                                    als Darleiher
Johann Krajtsovits und als Eigenthümer                            M.A. Cahen
der Wechselforderung an Wodjaner & Sohn                              als Darleiher
                                           von 20:f 1.000                         Franz von Jalics
                                                                                               als Darleiher
  Simon Lessiak
Als dermaliger Eigenthümer der Wechsel
  Forderung dH. E. F. Peters in Leipzig
       im Betrag von f 415 CM
  Rudolf Waltershofer 

______________________________________________________________________(16)

 

– Nach Gyömrei hatte Lichtl bis zu 56.000 fl. CM bei Kappel aufgenommen, im Vertrag ist nur von „45.000 samt Intereßen“ die Rede. Hier gibt es 2 Möglichkeiten (vorausgesetzt, daß die Angaben Gyömreis stimmen): Entweder die Zinsen machten die Differenz aus, was bei 12 % durchaus möglich ist, da nicht bekannt ist, zu welchem Zeitpunkt Lichtl welche Summen aufgenommen hat. Oder er hatte bereits einen Teil der Schulden abgezahlt, als es zu dem Obligativen Vertrag von 1834 kam.

– Wie in Punkt 2 des Vertrages festgehalten, hatte Lichtl ein Verfahren wegen Wucher gegen Kappel angestrengt, zumindest eine Anzeige erstattet. Die Folgen dieses Schrittes lassen sich auch aus den weiteren Schriftstücken nur teilweise rekonstruieren. Fest steht nur, daß eine Annullierung des Kredits nicht stattgefunden hat, da sich der Posten der Kappel’schen Forderung durch verschiedene Schriftstücke bis zum Jahr 1840 hinzieht.

– Der ausdrücklich ausgesprochene Ausschluß Kappels aus diesem Vertrag unter Punkt 1 und 17 läßt darauf schließen, daß er – im Unterschied zu den übrigen Gläubigern – auf ein Konkursverfahren gedrungen hat und der Vertrag gegen seinen Willen abgeschlossen wurde, daß er aber auch keinerlei Möglichkeit hatte, sein Zustandekommen zu verhindern.

– Da die Beilagen zu diesem Vertrag nicht mehr existieren, bleibt die Natur der „Gutstehungen“ (Punkt 3), Aktiven und Passiven sowie Separat-Aktiven im Dunkeln. Was letztere betrifft, so scheint Lichtl noch anderes Vermögen gehabt zu haben, welches in irgendeiner Form gebunden war, da er es erst „realisieren“ (Punkt 5) mußte. In Betracht kommen hier sowohl seine sonstigen Geschäfte, von denen wir nicht wissen, ob und wann er sie aufgegeben hat. Ebenfalls in Erwägung zu ziehen wäre die Spodium-Fabrik, deren Veräußerung aber den Interessen der Zuckerraffinierung entgegengestanden wäre und die auch, wie die späteren Verträge zeigen, nicht stattgefunden hat.

– Mit Ausnahme Buscheks, der sowohl als Darleiher als auch als Gläubiger an diesem Vertrag beteiligt war, bestanden bei den drei anderen »Administratoren« keinerlei Verbindlichkeiten Lichtls. Sie hatten sich also nicht aus Gründen der Schuldeneintreibung zu diesem Schritt entschlossen. Auch hier sind wir auf Vermutungen angewiesen: Wahrscheinlich sahen sie die Zahlungsschwierigkeiten Lichtls als vorübergehende Erscheinung an und setzten auf die Zukunft der Zuckerindustrie in Ungarn, an der sie sich mit diesem Schritt beteiligen wollten. Sie gingen dabei ein verhältnismäßig geringes Risiko ein, da sie sich das Recht sicherten, vor allen früheren Gläubigern befriedigt zu werden, und da Lichtl außerdem für den Fall, daß die Einnahmen aus dem Zuckergeschäft die Passiven dennoch nicht abdecken würden, als Privat-Schuldner weiterhin dafür haftete. (Punkt 11)
– In diesem Vertrag scheinen erstmals die Firmen J. Thomanns Söhne, Profinet und Beckers als Gläubiger Lichtls auf, deren Forderung, wie wir sehen werden, niemals befriedigt worden, aber bereits Anfang der 30-er Jahre entstanden ist.
– Wie aus den geleisteten Unterschriften hervorgeht, war zu diesem Zeitpunkt Ellenberger bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden. Dafür werden von diesem Vertrag an alle künftigen Verträge Lichtls von seiner Frau mitunterfertigt. Die Gründe dafür können wir nur erahnen. Vielleicht besaß Karoline Lichtl selbst ein größeres Vermögen als ihr Mann und erhöhte dadurch die Kreditwürdigkeit des Unternehmens. Oder sie besaß Vermögen außerhalb Ungarns, auf das im Falle einer Vollstreckung leichter zugegriffen werden konnte, als auf die Raffinerie in Pest.

Über die nächsten Jahre der Raffinerie gibt es nur spärliche Information. Am 5. 5. und am 13. 5. 1837 richtete Lichtl Gesuche an den Magistrat und den Statthaltereirat, in denen er darum ansuchte(17), als alleiniger Inhaber des Zucker-Privilegiums anerkannt zu werden, da Ellenberger bereits 1831 nach einer Klage vor dem niederösterreichischen Wechselgericht das gemeinsame Unternehmen verlassen habe und keinerlei Verpflichtung im Vertrag von 1834 übernommen habe, obwohl der Kredit bei Kappel gemeinsam mit ihm aufgenommen worden sei. In einem dieser Gesuche behauptete Lichtl, von 1830 bis November 1836 insgesamt 319.719 fl. CM für den Ankauf von Zuckermehl und die Einrichtung seiner Fabrik aufgewendet zu haben – falls diese Angaben der Wahrheit ensprechen, nimmt sich sein Schuldenstand vergleichsweise bescheiden aus. Das Ansuchen Lichtls wurde vom Statthaltereirat am 19.9. 1837 positiv beantwortet. Von da war Lichtl Alleininhaber des Privilegs.(18)

 

4.) Die Verträge von 1837

Gegenüber einem Gläubiger, Johann Gregor von Fabricius, gab Lichtl am 7. 9. 1837 eine Verpflichtungserklärung ab:


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Obligative Erklärung

An einen Hochlöblichen Magistrat!

Nachdem ich eigenhändig Gefertigter Karl Lichtl dem Herrn Johann Gregor von Fabricius als Cessionär der ursprünglich im Ordre der Herren J. Buschek, F. Bekers und L. Profinet ausgestellten und den letzteren beyden an J.M.Thomanns Söhne girirten Wechsel, ersucht habe, meine vom 23. September dieses Jahres datierte und bereits von mehreren anderen Creditoren unterzeichnete Erklärung, worin selbe ihre Einwilligung darein geben, daß ich einen neuerlichen Vertrag betreff des Betriebes meiner Zucker Raffinerie abschließen und mir hiezu einen oder mehrere Gesellschafter wählen könne, und genehmigen, daß ich diese neue Gesellschaftsform meiner Zucker Raffinerie nebst allen Utensilien und Privilegien verpfänden und deren ganz freier Disposition überlassen könne, – bey dieser Gelegenheit erklärte Herr J.G. von Fabricius, daß er mir auch allerdings mit Unterzeichnung der jetzt berührten Erklärung dienlich seyn wolle, nur wünschte er hinsichtlich seines bedeutenden Capitals, derart versichert zu seyn, daß weder hiedurch, noch auf irgendeine andere Weise seine Rechte und Ansprüche gegen mein und meiner Gattin keineswegs geschmälert werden. Diesemnach erklären und verpflichten wir Gefertigte Eheleute uns rechtskräftig, ... daß, so Herr J.G. von Fabricius 12112 fl. CM 20¢ samt den laufenden 6% Interessen vom 1.10.1836 in Folge der zu treffenden Geschäfts-Arrangierung bis Ultimo Dezember 1842 nicht bezahlt erhielte, wir im Laufe des darauf folgenden Jahres 1843 gehalten seyn sollen, ihm oder seinen Erben und Erbnehmern, sein rückständiges Kapital samt 6% Interessen in nacheinanderfolgenden 4 Pesther Märkten zu gleichförmigen Raten genau zu bezahlen, als im sonstigen Falle J.G. von Fabricius mittels summarischer Conviction alle Forderungen und Gerichtsspesen in unmittelbarer Exekution, der wir uns in diesem Falle freiwillig unterwerfen, einfordern kann.

Pest, den 7. September 1837
                                                                                           Karl Lichtl
                                                                                           Karoline Lichtl            
___________________________________________________________________
(19)

 

Wie aus obigem Schreiben hervorgeht, ist damit Fabricius sowohl der Cessionär der bereits im vorigen Vertrag erwähnten Wechselforderung von J.M. Thomanns Söhne als auch der Forderungen Buscheks, der anscheinend auf diese Art und Weise sein Heil in der Flucht aus dem Raffinerieunternehmen gesucht hat.

Diese „Obligative Erklärung“ war eine Art Zusatz- oder Sondervertrag zur „Erklärung“ der „Administratoren“ Jálics, Cahen und Burgmann vom 11. Dezember 1837, in der sie die Auflösung der Rechtskonstruktion vom Juli 1834 verkündeten:


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ERKLÄRUNG

Die bisherigen Administratoren der k.k. priv. Pesther Zucker Raffinerie Hr F.A. v. Jalics, Carl Burgmann und M.A. Cahen.
In folge des letzten Protocolls der General Versammlung der Gläubiger der hiesigen Zucker Raffinerie dd 22. Octob. a.c. haben die genannten Administratoren den Stralzio(20) dieses Raffinerie Geschäfts bestmöglich besorgt, und das Resultat erweiset, daß nachdem die Herren I.F. Biedermanns Söhne für ihr Guthaben der gelieferten Zucker befriedigt sind, nur noch für die 20¢ 40.000-Darleihen 20¢ 7981 übrig sind, und folglich für die fehlenden 32.019 – haben sich die Darleiher aus dem ihnen zu diesem Behufe ausdrücklich verpfändeten fundus Instrucus der Raffinerie zahlhaft zu machen. Dieses Pfandrecht gründet sich hauptsächlich und ausdrücklich auf den ursprünglichen Obligativen Vertrag der sämmtlichen Gläubiger dat. 24. July 1834 worin es in § 6: c wörtlich heißt, „für den Betrag der für die Kapplsche Forderung deponirten Gelder räumen die übrigen Gläubiger den Darleihern das Prioritäts Recht auf die ganzen jedesmaligen Activen von der Raffinerie nach vorheriger Befriedigung der während der Administration entstandenen Passiven hiermit ein“, sodaß sie das Recht haben, sich aus dem Überrest vorerst für jenen Betrag völlig bezahlt zu machen, und dann pro rata die übrigen Gläubiger zu bezahlen.

Da es nun der bisherigen Administration nur durch den weiter Betrieb der Raffinerie möglich werden konnte, den ursprünglich mit 20¢ 21078: 44 kr geschätzten fundus Instructum für die ihnen fehlenden f 32019 an die jetzigen Übernehmer der Raffinerie Herrn J.S. Friedrich Liedemann, Hr. A.v. Jalics, und Hr Ig. Löwinger einzubringen, so geht daraus hervor, daß durchaus kein weiterer Activ Stand für die im Obligativ Vertrag dd. 24. Juli 1834 unterzeichneten und für sub unten namentlich angegebenen Gläubiger übrig ist, daher auch keiner derselben mehr einen Anspruch wegen seiner alten Forderung an diesen Fundus Instructus zu machen berechtigt sey.

Nachdem in den Z.Protocollen der General Versammlung dd 20. Dec. 1836, 4. Juni, und 22. Oct. a.c. die Billance und Manipulationen dieser Administration von sämtlichen Gläubigern genehmiget und gutgeheißen worden sind, so ist hiemit diese Stralzirung vollzogen, nach welcher sie keinen Anspruch mehr an die Raffinerie haben, und sich wegen ihrer Forderungen an Hr Carl Lichtl laut sub § 11 im Obligativ Vertrag dd. 24. July 1834. mit demselben separat einzuverstehen haben.
Die Endesgefertigten Administratoren ersucht hiemit der Hr Carl Lichtl im Sinne des letzten Protocolls dd. 22. Octob. a.c. diese unsere Erklärung den sämtlichen Vertragsmäßigen alten Gläubigern gehörig mit zu theilen. Pesth den 11. Dec. 1837

                                           k.k. priv. Pesther Zuck.Raff.
                                           M.A. Cahen. mp. Carl Burgmann Franz A. Jalics
                                           als die jetzt stralzirenden Administratoren 
           
_________________________________________________________________ (21)

 

Die Herkunft der 32.019 fl. CM ist unklar. Sie seien, heißt es, der Rest eines 40.000 fl.-Darleihens. Nun wurden aber von Kappel 45.000 „samt Interessen“ in Anschlag gebracht – hat er auf einen Teil verzichtet, oder hatte die Anzeige wegen Wuchers eine Verringerung von Lichtls Schulden zur Folge? Hat Lichtl einen Teil zurückgezahlt?
Über die restlichen Altschulden schweigt diese Erklärung, und sie dürften allesamt mit Sonderverträgen wie dem mit Fabricius geschlossenen bedient worden sein – also mit Zahlungsversprechen auf die Dauer von 5 oder 6 Jahren.
Bevor noch die Rechte und Pflichten der neuen Administration festgehalten werden konnten, brannte die Zuckerfabrik Lichtls aus nicht eindeutig geklärten Gründen am 18. Jänner 1838 völlig ab. Den Schaden bezifferte Lichtl selbst auf 70.000 fl. CM(22), davon wurden ihm von der Versicherung, deren Vorsitzender Friedrich Liedemann war,(23) 16.202 fl. 20 kr. CM ausgezahlt. Nach einer Meldung des Pester Magistrats an den Statthaltereirat. war Lichtl bald wieder mit 37.000 fl. CM verschuldet, obwohl Liedemann, Jalics und Löwinger die Altschulden von 32.019 fl. CM für ihn abgezahlt hatten.(24) Am 7. März 1838 wurde ein „Pacht und Pfand-Vertrag“ abgeschlossen, der am 12.3. 1838 auch auf die Gründe von Karl und Karoline Lichtl (offenbar diejenigen in der Új utca) intabuliert wurde:

 

5.) Der Pacht- und Pfand-Vertrag von 1838

______________________________________________________________
PACHT- UND PFAND-VERTRAG

zwischen Herrn Carl Lichtl als Eigenthümer des k.k. Zucker Privilegiums und Frau Caroline Lichtl, geb. Hadaun, einerseits und Franz v. Jalics, Friedrich Liedemann und Ignacz Löwinger andererseits
1. Der am 1.12.1837 zwischen diesen contrahirenden Partheyen abgeschlossene und auf magistratualiter intabulirte Gesellschafts Vertrag, desgleichen dessen am 10. 2. l. J. nachgeschriebener und gleichfalls intabulirte Nachtrag wird hiemit annullirt und in allen seinen Punkten für erloschen erklärt, auch muß dessen Extabulation erwirkt werden und dagegen wird gegenwärtiger Pacht und Pfand Contract in bester Rechtsform als gegenseitig verbindend ausgestellt und zur Sicherheit beider Partheyen auf magistratualiter protocollirt.

2. Die contrahirenden Eheleute Carl und Caroline Lichtl erkennen vor den Herrn Franz v. Jalics, Friedrich Liedemann und Ignacz Löwinger die zur Rückzahlung der von den vorigen Herrn Administratoren für die Forderung des Herrn Friedrich Kappel bei dem dießstädtischen Gericht deponirten fl. 40.000 CM, hiezu laut Aufnahme der letzten Billanz fehlende fl. 32.019 in 20 gr. als Darlehen erhalten zu haben, hievon komme ab die mittlerweile von der Assekuranz erhaltenen für Utensilien
                9.800 " – "
                6.402 20 kr für Gebäude, in
Summe: 16.202 20 kr CM,
                                                wonach verbleiben                                20¢ 15.816 " 40 kr
                                                            hiezu kommen für neue
                                                            Formen bezahlte                                      89 5 " 22 "
                                                das laut gegenwärtigem Vertrag
                                                § 8 zugesicherte Akkreditiv zu                 6.000 "
                                                                                    in Summe                        22.712"2 kr CM

welche Summe von Carl und Caroline Lichtl sammt bishero aufgelaufenen und laut Bücher erweislichen 6% Zinsen bei Unterfertigung dieses Vertrags aufrecht und liquid schuldig sind.

3. Nachdem die Zucker Raffinerie in der Nacht vom 17. auf 18. Januar l. J. ein Raub der Flammen wurde, wird der von der königlichen Verschönerungs Commission zur Erbauung einer neuen Zucker Raffinerie resolvirte Grund in der Leopoldstadt in der Waitzner Straße mit 500à Quadrat Klafter von den 3 Herrn Franz v. Jalics, Friedrich Liedemann und Ignacz Löwinger die Klafter zu fl. 2 CM berechnet dem nach mit fl. 10.005 CM alsogleich baar ausgezahlt und auf ihren Namen grundbüchlich eingeschrieben, benannte Herren werden ein zweckmäßiges Zucker Raffinerie Gebäude mit Dampf Apparaten aufführen und die sonstigen Utensilien anschaffen

4. Zur noch mehreren Sicherheit für die obenerwähnte Darleihen von 20¢ 22.712, 2 kr und denen auf Grund Umschreibungs Gebühren, Fabriks Gebäude, danach Maschinen und Utensilien, erforderlichen Capital Auslagen samt der 6% Intereßen, verpachten und verpfänden die Eheleute Carl und Caroline Lichtl deren eigentliches Fabriks Privilegium an die Contrahirenden Herrn Franz v. Jalics, Friedrich Liedemann und Ignacz Löwinger, deren Erben Legataris und Cessionaris auf die Dauer von 5 nach einander folgenden Jahren, d.h., von heute bis 7. 3. 1843 und somit treten die Herren Pacht- und Pfandnehmer alsogleich nach Unterzeichnung dieses Vertrages in die freie und uneingeschränkte Ausübung dieses ihnen verpachteten und verpfändeten Privilegiums und werden alle Rechte welche denen Eheleuten Carl und Caroline Lichtl kraft demselben zustehen, nach ihrem Willen und Gutdünken ausüben und alles was sie hiebey zweckmäßig erachten, vornehmen und anordnen.

5. Hierfür erhalten die Eheleute Carl und Caroline Lichtl als Pachtzins den halben Nutzantheil der sich jährlich beim Schluß der Billanz ergibt.
6. Herr Carl und Caroline Lichtl erklären, und sind verpflichtet, sich jeden Einflußes bei Fortführung dieses Geschäftes zu begeben.

7. Hinsichtlich der Regie Spesen haben die Contrahirenden Partheyen unter heutigem Datum ein separat briefliches Übereinkommen getroffen, bei dem es sein Verbleiben hat.

8. Um dem Wunsch des Herrn Lichtl entgegen zu kommen, ihm zur Betreibung eines andern Geschäfts einen Vorschuß zu leisten, eröffnen die Herrn Pacht- und Pfandnehmer demselben, wie bereits in § 2 aufgeführt ist, einen Credit von fl. 6.000 CM bei einem Banquier welches als ein Darleihen anzusehen ist, wofür Herr Carl Lichtl Provision und Intereßen nach seiner eigenen Übereinkunft an den betreffenden Banquier zu entrichten hat.
9. Nach Beendigung von 5 Jahren haben die Eheleute Lichtl an die Pächter sämtliche Darleihen sowie Auslagen auf Grund, auf dessen Umschreibung, Fabrik, Maschinen, Utensilien, rohe und fabrizirte Zucker und Süßigkeiten baar auszubezahlen, widrigenfalls es den den Herren Pächtern freisteht diesen Pacht Contract als auf weitere 5 (ergänze :  Jahre) prolongirt zu betrachten, oder sämtlichen Grund, Fabrik, Utensilien, etc., ohne daß die Zustimmung der Carl und Caroline Lichtl’schen Eheleute hiezu erforderlich ist, so wie auch das Privilegium, auf welche Art und Weise Ihnen immer beliebig ist, zu verkaufen und als wie ihr Eigenthum damit zu verkaufen, um sich vollkommen zahlhaft zu machen. Im letzteren Falle wird der Überschuß des Erlöses an die Eheleute Carl und Caroline Lichtl ausbezahlt, so wie im Falle eines Deficits Sie für das Deficit Schuldner verbleiben.

10. Werden die Eheleute Carl und Caroline Lichtl nach Verlauf dieser contractmäßigen 5 Jahre an die Herren Franz v. Jalics, Friedrich Liebemann und Ignacz Löwinger im Sinne des soeben erwähnten § deren sämtlicher Darleihen, sowie der Auslagen auf Grund, Fabrik, danach Apparaturen, deren Utensilien, nicht minder aller vorräthigen rohen und fabricirten Zucker und Süßigkeiten, somit deren sämtlichen laut vorhandener bücherlich ergebenden Guthaben, an Capital und 6% Intereßen baar auszubezahlen so werden die Herren Pacht- und Pfandnehmer zugunsten der Carl und Caroline Lichtl’schen Eheleute nicht nur von der ferneren Ausübung des Privilegiums abstehen, und selben das Fabriks Gebäude mit allem dazu gehörigem abtreten, sondern auch den in § 3 berührten auf ihren Namen fatirten Grund auf den Namen der Eheleute Carl Und Caroline Lichtl grundbüchlich zurück fatiren.

11. Im Falle sich Verpächter oder Pächter zur Fabrication von Runkelrüben Zucker entschließen sollten, kann dieses nur in Einverständniß beider Partheyen geschehen.
12. Schließlich wird bemerkt, daß alle hier zu Conventions Münze erwähnten, und weiterhin in die Bücher aufzuführende Beträge in klingender Silbermünze das (? unverständliche Rune) drey 20 Kreutzer Stücke auf einen Gulden gerechnet verstanden sind.
                               Pesth, den 7ten März 1838
Carl Lichtl                                                                                       Franz v. Jalics
Caroline Lichtl geb. Hadaun                                                             Friedrich Liedemann
                                                                                                       Ignacz Löwinger
____________________________________________________________(25)

 

– Da die Forderung Kappels immer noch als Deposit bei Gericht figuriert, kann man daraus schließen, daß das Verfahren zwischen Lichtl und Kappel noch immer nicht abgeschlossen, also schon seit einigen Jahren anhängig war. (Dies nur zur Geschwindigkeit von Prozessen in dieser Zeit.)

– Warum kam es zu einem neuen Vertrag? Der Brand kann nicht die Ursache gewesen sein, denn die Aufkündigung des alten Vertrages erfolgte bereits vorher. Liedemann und Löwinger scheinen unter den alten Gläubigern und Darleihern nicht auf. Auch sie scheinen von den Perspektiven der Zuckererzeugung überzeugt gewesen zu sein, auch bei ihnen dürfte der mögliche Gewinn der Grund gewesen sein, sich in das Unternehmen Lichtls einzukaufen.

– Da Lichtl nach dem Brand keinen fundus instructus oder Rohmaterialien mehr zu verpachten hatte, so blieb ihm nur das Zucker-Fabriksprivileg. Das scheint aber den „Kontrahenten“ genug Sicherheit geboten zu haben, um sich in ein praktisch bankrottes Unternehmen mit beachtlichen Schulden einzulassen.

– Die 6.000 fl. CM, die Lichtl „zur Betreibung eines anderen Geschäftes“ aufnahm, waren eindeutig für den Bau der neuen Spodiumfabrik bestimmt. Die damalige war offenbar zu klein, veraltet und befand sich an einem ungünstigen Platz. Lichtl richtete zwischen Mai und August desselben Jahres mehrere Gesuche an verschiedene Behörden, seine vom Hochwasser (13.-18. März 1838) verwüstete Spodiumfabrik „nebst dem Waldgrund der Liedemann’schen Erben“, also neben dem neuen Raffinerie-Gebäude, bauen zu dürfen.(26) Aus dem Pacht- und Pfand-Vertrag ist jedoch ersichtlich, daß er den Plan bereits vor der Überschwemmung gefaßt hatte.

Der Bau der neuen Zuckerfabrik nahm geraume Zeit in Anspruch und verschlang eine Menge Kapital. In einer Sitzung des Statthaltereirates aus dem Jahre 1840(27) ist die Rede von mehr als einer Million Gulden Conventionsmünze. Übrigens scheinen noch zusätzliche Unternehmungen in Angriff genommen worden zu sein: Horváth erwähnt in seinem 1840 erschienen Buch, mit der Zuckerraffinerie sei eine Stearin- und Seifenfabrik verbunden.(28) Diese Investitionen scheinen Lichtl dazu bewogen zu haben, im Jahre 1839 einen neuen Vertrag mit dem Haupt-Kreditgeber der Zuckerraffinerie, dem Wiener Handelshaus Steiner & Co. zu schließen.

 

6.) Der Vertrag von 1839 mit dem Bankhaus Steiner

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KAUF UND VERKAUFS VERTRAG

Welcher heute, und nach weislicher Überlegung zwischen den gefertigten contrahirenden Partheien,
nehmlich den Herrn Steiner u Comp in Wien, in der Person
des Chefs des Hauses H. Joseph von Schickh k.k.Rath, und Eigenthümer mehrerer Realitäten der k. Freystadt Pest, und H. Karl Lichtl Bürger, und des Zucker Raffinerie Privilegiums Innhaber, sowie Besitzer einer Spodium Fabrik, einverständlich mit seiner Ehegattin Karoline Lichtl geborene Hadaun in Gegenwart der mit unterfertigten in optima forma juris abgeschlossen worden ist.

1tens Herr Carl Lichtl einverständlich und rechtsverbindlich mit seiner Ehegattin Karoline verkauft, und überläßt hiermit unwiederruflich den Herrn Steiner & Comp, (hier durchgestrichen: seinen Erben und Amtsnachfolgern) von heute an schon, als ihr freyes Eigenthum die Grundstücke, welche gegenwärtig zu der hiesigen k.k. priv. Zucker Raffinerie gehörig und welche nach grundbüchlichem Ausmaße 5002  Klafter betragen, sammt allen Gebäuden, und den mobilien oder immobilien Zugehör, auf welche er irgend ein Eigenthums, oder Ver- und Rückkaufs Recht besitze.

2tens Herr Carl Lichtl einverständlich und rechtsverbindlich mit seiner Ehegattin Karoline überträgt, und überläßt hiermit eigenthümlich an die Hr Steiner & Comp deren Erben oder Amtsnachfolgern sein laut Hoher Statthalterey Verordnung dd 4 ten May 1838 (Dieses ist unrichtig, das Privileg wurde 1830 verliehen) Nr. 12104, normale auf die Firma „Carl Lichtl und Carl Ellenberger“ sodann laut Hoher Statthalterey Verordnung dd 19 ten Sept 1837. Nr. 28725. auf seinen alleinigen Namen /: Carl Lichtl :/ ihm allergnädigst verliehenen k.k. Zucker Raffinerie Privilegium, sammt allen daran klebenden Rechten, und Vortheilen, so wie er sie jetzt besitzt, und dadurch noch erwerben wird, wenn er die Ausdehnung des Privilegiums auf Verarbeitung der Innländischen Zucker Mehle aus Runkelrüben, und andern Stoffen /: weß wegen er bereits schon eingeschritten ist :/ erwirken wird, und verpflichtet sich bald möglichst die officielle Übertragung auf den Namen der Hr. Steiner & Comp oder ihrer allfälligen Cessionäre und Amtsnachfolger zu bewirken.

3tens Die Hr Steiner & Comp zahlen an Hr Carl Lichtl, und dessen Ehegattin Karoline für das ganze im vorstehenden Artikel bezeichnete, und erkaufte Real Eigenthum, so wie das im Artikel 2. bezeichnete, und erworbene Privilegium die Summe und respective den Kaufschilling von fl. 50.000 CM – sage Gulden fünfzig tausend in k.k. Silberzwanziger, und zwar 5.000 CM sogleich als den ersten Theil dieses Kaufschillings, und 45.000 Gulden CM sobald ihnen das Real Eigenthum sammt dem Privilegium, frei von allen wie immer gearteten Vormerkungen und Belastungen, durch die hier contrahirende Verkauf und cedirende Parthey gerichtlich, und ämtlich übergeben, und eigenthümlich übertragen worden ist.

4tens Da aber durch keine andere Ursache, die verkaufende und cedirende Parthey die Übergabe der hiemit verkauften, und erworbenen Objecte, an die Käufer, und Erwerber verzögern darf, und kann, als durch den Vertrag, welchen Hr Carl Lichtl und dessen Ehegattin Karoline unterm 7ten März 1838 mit den Hr F.J. v. Jalics – J.S.F. Liedemann, – und F.J. Löwinger eingegangen sind, so wird für jeden Fall jenes festgesetzt, daß die öffentliche und gerichtliche Einantwortung(29) der verkauften Objecte längstens 7ten März 1843 als von dem Tage an, welcher den Vertrag des Herrn Karl Lichtl und seiner Ehegattin Karoline mit denen obbenannten 3. Herren erlischt ohne aller Wiederrede, und Einwendung stattfinden muß, ansonst die verkaufende Parthey für jeden Schaden haftet, und zu dessen Ersatz verantwortlich ist, der den Hr Steiner & Comp durch eine längere Verzögerung entstünde.

5tens Zur Vermeidung eines jeden Mißverständniß wird hiemit noch erklärt, daß die verkaufende Parthey verpflichtet ist jedes rechtliche Mittel anzuwenden, und die Hand dazu zu biethen, die öffentliche Einantwortung früher möglich zu machen, und daß, wenn auch durch die oberwähnt bestehenden Verhältniße die öffentliche Einantwortung nicht unverzüglich stattfinden kann, doch von heute an schon die durch diesen Vertrag erworbenen Objecte als unbeschränktes Eigenthum der Herren Steiner & Comp betrachtet werden, daher von nun an der Herr Carl Lichtl und dessen Ehegattin keine wie immer gearteten Verfügung oder Belastung über und auf diese Objecte vornehmen darf, ohne sich gegen die Herren Steiner & Comp eines Betruges schuldig zu machen.

6tens Die contrahirenden Teile verzichten gegenseitig auf jede wie immer geartete Einwendung, hauptsächlich auf die über Verlätzung der Werthhälfte, und unterwerfen sich in bezug auf etwa entstehende Rechtsstreitigkeiten nach Wahl der Hr Steiner & Comp dem kurzen mündlichen Amtsverfahren des Löblichen Magistrats der könglichen Freystadt Pest oder ebenfalls dem summarischen mündlichen Verfahren des kk. Öest. Mercantil und Wechselgerichts in Wien.

7tens Da Herr Carl Lichtl und dessen Gattin Karoline wohl einsehend, daß die Hr Steiner & Comp sich zu diesem großen Kaufschilling nur deshalb herbey ließen, weil sie den Versicherungen der verkaufenden Parthey über den Nutzen, und den Werth des Privilegiums Glauben schenken, so findet es Hr Karl Lichtl und dessen Gattin Karoline ihrer Ehre anzumessen, hiemit zu erklären, daß es von der zu geschehenden Einantwortung den Hr Steiner u Comp freystehen soll, gegen Verzichtung auf die schon gezahlten fl. 5.000.– von diesem Kauf zurück zu treten, wenn die Erfahrung ihnen bis dahin die Vortheile, welche sie aus dem Privilegium erwartet, nicht thatsächlich bestättiget.

Urkund dessen haben gegenwärtigen Vertrag die contrahirenden Partheyen, so wie die Herren Zeugen unterschrieben.
  Pest den 30ten May 1839

S.S. Franz Xav. Chernel mp.                            L.S. Steiner u Comp mp
       als ersuchter Zeuge                                                               als Käufer.
                                                                                           L.S. Karl Lichtl mp.
L.S. Johann Ertl mp.                                                                  als Verkäufer.
       als ersuchter Zeuge                                                  L.S. Karoline Lichtl mp.
                                                                                                  geborene Hadaun
                                                                                                  als Verkäuferin
____________________________________________________________(30)

– In diesem Vertrag verkaufte Lichtl das Zucker-Fabriksprivileg, das er im vorigen Vertrag lediglich verpachtet hatte, ohne daß die schriftliche Einwilligung der Pächter von 1838 im Vertrag aufscheinen würde. Die Einwilligung schien auch nicht ganz sicher gegeben zu sein, wie Punkt 4 und 5 des Vertrages erahnen lassen.
Das Fabriksprivileg, für das Lichtl seinerzeit vermutlich nichts bezahlt hatte, hat inzwischen einen gewissen Marktwert erhalten, der sich jedoch nicht feststellen läßt, weil die genannte Kaufsumme sich auf Privileg und „Real-Eigentum“ bezieht. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, was unter „Real-Eigentum“ zu verstehen ist: Die alte Fabrik war abgebrannt, die neue noch nicht fertiggestellt, Lagerbestände konnten daher auch keine anfallen. Möglicherweise ist die Formulierung deshalb so verschwommen gewählt, weil der Verkauf eines Fabriksprivilegs verboten war und daher nicht offen ausgesprochen werden durfte.
– Das ursprüngliche Privileg bezog sich nur auf die Raffinierung von Rohrzucker, demzufolge hätte Lichtl von 1830 bis 1838 lediglich importierten Zucker raffiniert. In einer Untersuchung der Anfänge der Zuckerindustrie in Ungarn wird erwähnt: „Sie“ (d.h., die Zuckerfabriken Lacsnys in Oberungarn) „erzeugten 20 Zentner Zuckermehl, die größtenteils von Lacsny selbst raffiniert wurden, ca. 8 Zentner ließen sie in der Zuckerraffinerie Karl Lichtls in Pest raffinieren.“(31) Nachdem die letzte Fabrik Lacsnys vermutlich 1842 geschlossen wurde, so muß dieser Zucker in der neuen Raffinerie verarbeitet worden sein, die also erstens auch Rübenzucker und zweitens für andere Zuckerfabriken raffinierte.

Der obige Vertrag wurde am 1.6. 1839 intabuliert, bei diesem Anlaß wurde eine Liste(32) über die intabulierten Schulden Lichtls erstellt und dem Magistrat übermittelt. Daraus geht hervor, daß Lichtl zu diesem Datum Außenstände in der Höhe von 70.974 fl. CM (ohne der dafür zu entrichtenden Zinsen) hatte. Die ältesten dieser im Laufe der Zeit angesammelten Schulden, eine Summe von 1.562 fl. CM, wurden am 5.10. 1832 aufgenommen. Als Gläubiger steht Gregor von Fabricius auf der Liste, aber es handelt sich dabei mit Sicherheit um die alten Wechselforderungen von Profinet und Bekers, die bereits den Vertrag von 1834 als Gläubiger unterzeichnet haben. Die zweitälteste Schuld, eine Summe von 12.300 fl. CM, wurde in Wien im Dezember 1832 bei Simon Lämel aufgenommen, einem Gläubiger, der ebenfalls bereits im Vertrag von 1834 aufscheint. Weiters steht auf dieser Liste ohne Angabe einer Summe der Ärar wegen eines Vertrages aus dem Jahr 1835 betreffend den Grund für die (alte) Spodiumfabrik Lichtls. Gregor von Fabricius scheint mit einer zweiten Forderung in der Höhe von 12.112 fl. aus dem Jahre 1837 auf. (Nach der „Obligativen Erklärung“ von 1837 stammt sie aus dem Jahr 1836.) Beide Posten Fabricius’ sind erst nachträglich, gleichzeitig mit dem Vertrag mit dem Bankhaus Steiner, also am 1. 6. 1839, intabuliert worden. Die höchste Summe machen 45.000 fl. CM des Bankhauses Steiner aus. Das ist zunächst völlig unerklärlich. Verpflichtete sich die Firma Steiner & Comp. im Vertrag doch darauf, an Lichtl nach Einigung mit den Pächtern 45.000 fl. zu zahlen, sie sind daher quasi als die Schuldner Lichtls anzusehen, nicht als seine Gläubiger.
Dieses Rätsel wird rund 2 Jahre später, in einem Briefwechsel zwischen Liedemann und Jalics einerseits und Karl Lichtl andererseits gelüftet. Es handelte sich um Schulden Lichtls bei Steiner & Co., die mit der Kaufsumme nur gestrichen wurden.

In den Intabulationsprotokollen wird ebenso wie im Kaufvertrag vermerkt, daß Joseph von Schick das Zucker-Fabriksprivileg „frei von allen wie immer gearteten Vormerkungen und Belastungen“ übernommen hätte.
Über den Zinsfuß der einzelnen Kredite läßt sich dieser Liste nichts entnehmen. Da aber davon ausgegangen werden kann, daß der gesetzliche Höchstzinsfuß von 6% im Ungarn des Vormärz nie unter-, sondern eher mit allen möglichen Schlichen überschritten wurde, so läßt sich errechnen, daß der Schuldendienst Lichtls in diesem Jahr mindestens 1.555,44 fl. betragen hätte.
  1.562 fl.: 6%      =          93,72
12.300 fl.: 6%    =          738 
12.112 fl.: 6%     =         726,72
                                 1.558,44

Die weiteren Ereignisse geben einige Rätsel auf: Während Lichtl am 22.4. 1840 ein Schreiben(33) an den Magistrat der Stadt Pest richtete, in dem er um die Übertragung des Zucker-Fabriksprivilegs an Joseph von Schick ersucht, meldeten die Pächter Jalics, Löwinger und Liedemann einen Monat später, am 29.5. 1840, dem Statthaltereirat stolz die Fertigstellung und bevorstehende Eröffnung der neuen Zuckerfabrik,(34) die sie „auf eigene Kosten erbaut“ hätten. (Eine schamlose Lüge, wie aus dem Archivmaterial klar hervorgeht. Vielleicht wollten sie Gerüchten entgegentreten, die über ihre Verschuldung im Umlauf waren und ihre Kreditwürdigkeit beeinträchtigten.) In einem beinahe gleichzeitig vefaßten Gesuch Schicks an den Statthaltereirat, in dem er um die Übertragung des Privilegs ansucht, wird darauf hingewiesen, daß der größte Teil des investierten Kapitals von dem Handelshaus Steiner geliehen worden sei.(35) Damit ist klar, daß die Pächter dem zwischen Lichtl und Schick abgeschlossenen Vertrag nicht viel entgegensetzen konnten, da sie selber beim Bankhaus Steiner hoch verschuldet waren.

Wann genau die Fabrik eröffnet worden ist, geht aus den Akten nicht hervor. Fényes erwähnt die Fabrik in seinem 1842 erschienen Buch,(36) sie sei nach dem Hochwasser bedeutend vergrößert worden, arbeite mit Dampfkesseln und raffiniere angeblich monatlich 1000 Zentner gelben und weißen Zucker, der größtenteils im Inland abgesetzt werde, während der größte Teil des zusätzlich erzeugten Sirups in Wien verkauft werde. Das wäre ein relativ bescheidenes Ergebnis gegenüber den Plänen der Betreiber, jährlich 50.000 Zentner zu raffinieren.(37) Bis August des Jahres 1840 seien bereits 20.000 Zentner im Werte von 600.000 fl. (vermutlich Wiener Währung) raffiniert worden, heißt es an der gleichen Stelle, in einer Eingabe an den Statthaltereirat. Das weist darauf hin, daß sie zu diesem Zeitpunkt bereits seit 5 Monaten in Betrieb war, also schon im März den Betrieb aufgenommen hatte. Wiener schreibt, die Fabrik sei 1841 geschlossen worden.(38) Selbst wenn sie sofort nach oder sogar vor der Meldung an den Statthaltereirat im April 1840 eröffnet worden wäre, kann sie höchstens eineinhalb Jahre in Betrieb gewesen sein.

Am 29.8. 1840 erteilte der Statthaltereirat die Genehmigung(39) für die Übertragung des Zucker-Fabriksprivilegs an Schick, am 16.11. 1840 wurde auch der Grund und die Fabrik an ihn überschrieben. In irgendeiner Form mußte in dieser Zeit eine Einigung zwischen den Pächtern und Schick erfolgt sein, denn bereits im Juli hatten Jalics und Liedemann ein Ansuchen an den Magistrat gerichtet mit dem Inhalt, dem Verkauf an Schick stattzugeben.(40) Ab 16.11. 1840 war also Schick der alleinige Inhaber der Pester Zuckerraffinerie, ohne jedoch die gesamten Passiva des Unternehmens übernommen zu haben. Während sich im Beschluß des Statthaltereirates vom 29. 8. ein deutlicher Hinweis darauf findet, daß der Kaufpreis erst nach Abzahlung der Schulden zu verstehen sei, berief sich Schick später darauf, die Fabrik „ohne die darauf aufgenommenen Schulden“ gekauft zu haben.
Der dritte Pächter, Ignaz Löwinger, entzog sich dem Schuldenkarussel auf unwiderrufliche Weise: Er „ging mit tod ab“, und zwar in der zweiten Hälfte des Jahres 1840, denn am 14. 11. desselben Jahres, 2 Tage vor der Übertragung des Fabrikprivilegs ist bereits vom „seeligen Löwinger“ die Rede. An diesem Tag schrieb Lichtl nämlich einen Brief an die Pächter Jalics und Liedemann, dem zu entnehmen ist, daß die noch ausstehenden 45.000 fl. nicht als Bargeldbetrag zu verstehen sind, der ihm auszuzahlen gewesen wäre, sondern als „Entlastung“, da er selbst bei Steiner & Comp. mit 45.000 fl. „auf Conto Separato“ (bei Bürgschaft von Liedemann und Jalics) und noch zusätzlich auf Conto-Corrent verschuldet war. Der Verkauf der Pester Zuckerraffinerie bedeutete also für ihren Begründer nur eine Entschuldung, keine Einnahmen. Und zwar die Tilgung einer Schuld, die er bereits bei Begründung seiner Fabrik aufgenommen hatte. Denn die 45.000 fl. sind natürlich nichts anderes als die alte Schuld an Kappel, die die verschiedenen Vertragspartner für Lichtl übernommen hatten. Sie wurde also vom Gericht nicht annulliert, sondern bestätigt. Was bezüglich der Zinsen verfügt wurde, läßt sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht erschließen.

Im oben erwähnten Brief vom 14. 11 1840 schrieb Lichtl: „ … wir ... haben uns täglich mehr die Überzeugung gewonnen – daß wenn wir den Pacht-Contracte mit ihnen nicht gänzlich nichtig machten, sich die gegenseitigen Verhältnisse immer mehr verwickeln müßten und wir nur stärker in Ersatz Verpflichtungen gerieten.“ Aus diesem Grunde ersuchte er um eine Nichtigerklärung aller Verpflichtungen, die er und seine Frau im Pachtvertrag von 1838 mit Jalics, Liedemann und Löwinger eingegangen waren. Dann stünde einer grundbüchlichen Übertragung aller Immobilien an Schick nichts mehr im Wege.
Sowohl das Handelshaus Steiner als auch die Pächter gaben ihre Einwilligung, um die Übertragung vornehmen zu können: Der Antwortbrief Liedemanns und Jalics’ ist vom 16.11. 1840 datiert, vom Tag, an dem die Fabrik auf Schick überschrieben wurde. Darin wird bestätigt, daß Lichtl alle Rechte an der Pester Zuckerraffinerie und das Zucker-Fabriksprivileg an das Handelshaus Steiner & Comp. abgetreten habe und sie ihn im Gegenzug dafür aller Verpflichtungen für ledig erklären, die er in früheren Verträgen mit ihnen eingegangen sei.
Mit diesem Schreiben wendete sich Lichtl am am 5. 7. 1841 an den Pester Magistrat und beantragte die Extabulation des Pacht- und Pfand-Vertrages von 1838. Diesem Antrag wurde am 18. 8. 1841 stattgegeben.
Mit dieser Bestätigung des Magistrats hatte Lichtl sein Ziel erreicht: Er hatte den Kopf aus der Schlinge gezogen, der Strudel des Konkurses der Pester Zuckerraffinerie konnte ihn nicht mehr mitziehen. Eine Anfrage des Magistrats der Stadt Wien vom 6.5. 1842 im Zusammenhang mit dem Konkurs des Hauses Geymüller wurde am 13.5. 1842 abschlägig beschieden: Karl Lichtl sei für keinerlei Forderungen haftbar zu machen.

 

7.) Die Folgen des Konkurses der Bankhäuser Steiner und Geymüller auf das Raffinerieunternehmen und dessen Gläubiger

Zu Anfang des Jahres 1841 wurde in Wien über das Bankhaus Steiner & Comp. der Konkurs verhängt.
Bei den oben erwähnten Machinationen Lichtls blieb zunächst einer seiner Gläubiger, nämlich Fabricius, auf der Strecke. Er versuchte seine alten Wechselforderungen gegen Lichtl mitsamt der bis Ende 1840 angewachsenen Zinsen von Schick einzutreiben und präsentierte zu diesem Zwecke eine am 31. 12. 1840 amtlich beglaubigte Kopie aus seinem „Haupt- und Geheimbuch“, in das er selbst die Schuld auf Schick eingetragen hatte. Diese Art des schriftlichen Nachweises war laut Fabricius durch den Artikel XXIII/1723 anerkannt. Schick bestritt dies in einem Schreiben vom 13. 2. 1841 und ging sogar so weit, Fabricius der Dokumentenfälschung zu beschuldigen, weil er eine Schuld, die er, Schick, weder aufge-, noch übernommen habe, auf seinen Namen in sein Haupt- und Geheimbuch eingetragen habe. Daraufhin antwortete Fabricius am 6.5., daß die Eintragung in besagtem Buch erstens legal sei, daß aber zudem laut Artikel XXI/1840 jeder, der einen mit intabulierten Schulden belasteten Grund kaufe, automatisch die Schulden mit übernehme. Er verlangte Schuldentilgung aus der Kaufsumme, natürlich nicht wissend, daß diese ihrerseits wieder nur die Tilgung von Altschulden war. Den Schlußstrich unter diesen Rechtsstreit zog ein Schreiben des Magistrats der Stadt Pest vom 2.10. 1841, in dem beide Standpunkte dargestellt und mit dem Verweis erledigt wurden, daß das Handelshaus Steiner inzwischen insolvent und das weitere Vorgehen in dieser Frage daher unklar sei.
Nachdem das Handelshaus Steiner & Co. in Wien zahlungsunfähig geworden war und die Firma Geymüller & Co. ihre Verpflichtungen übernahm, wurde die Pester Zuckerraffinerie am 8. 7. 1841 an Geymüller überschrieben. Liedemann, Jalics und Schick verknüpften damit die Bedingung, ihre Wechselverpflichtungen in der Höhe von 200.000 fl. CM zu extabulieren. Dem kam der Bevollmächtigte der Firma Geymüller, Brüxner, scheinbar nach. Später, nach der Übertragung der Fabrik an Geymüller, soll er jedoch die bereits zurückgegebenen Wechsel „ohne unser Wissen und Einverständnis niederträchtig wieder entnommen und so nicht extabuliert“(41) haben. Dagegen protestierten die drei Unterzeichner und bestritten die Rechtmäßigkeit der Überschreibung an Geymüller.
Ähnlich argumentierten J. Molnár und S. Ritter, die Konkursaufseher von Liedemann und Jalics, in einem Schreiben vom 25. 10. 1841: Allerdings wollten sie, daß die 200.000 fl. zu Lasten des Hauses Steiner verbucht würden – in diesem Falle würden ihre Mandanten auf jegliche Ansprüche an der Zucker-Raffinerie verzichten.(42) Vermutlich setzten sie sich durch, da die Beteiligten in Ungarn sich von dem Konkurs bald erholten, die Firma Steiner jedoch nicht.
Der Konkurs der Firma Geymüller hatte in Ungarn noch weiterreichende Folgen: „Allein Geymüller hatte in Ungarn Außenstände in der Höhe von 450.000 fl. Diese wurden von seinem Masseverwalter mit sofortiger Wirkung aufgekündigt“,(43) was eine wahre Konkurswelle zur Folge hatte. Der mehrfach erwähnte Großhändler und Bankier „Kappel kam als Gläubiger zu Schaden, seine Forderungen an Geymüller betrugen 46.691 fl.“(44)
Eine andere Quelle erwähnt die Firma Liedemanns als Geschädigte des Geymüllerschen Konkurses: angeblich schuldete ihnen das Bankhaus Geymüller 357.000, von denen ihnen nur ein Teil ausgezahlt wurde. Wie diese Forderungen zustandegekommen sind, wird jedoch nicht erwähnt.(45)

Was die Firma Steiner & Comp. bewogen hatte, sich finanziell in solchem Ausmaße (– als gesichert können die 200.000 fl. an Wechselforderung gegen Liedemann und Jalics sowie die 45.000 und „sogar noch weit mehr“(46) von Lichtl auf den verschiedenen Konten gelten, aber auch die in verschiedenen Dokumenten erwähnte Summe von einer Million Gulden Conventionsmünze liegt im Bereich des Möglichen –,) an der Pester Zuckerraffinerie zu beteiligen, läßt sich wiederum nur vermuten. Ende der 30-er Jahre existierten bereits einige große Zuckerfabriken, so z.B. in Csepin (bei Osijek, Slawonien), in Ikervár (Komitat Vas), in Neusohl (Banská Bystrica, Slowakei). Diese Fabriken stellten mit mehr oder weniger Erfolg Zuckermehl aus Rüben her, verfügten aber nicht alle über eine Raffinerie. Daher wären sie sichere Zulieferer der Pester Zuckerraffinerie geworden.

Erfolge der Zuckerindustrie in anderen Ländern mögen auch das Vertrauen in die Zuckerraffinierung als profitablen Geschäftszweig gestärkt haben. Schließlich kommt hinzu, daß Joseph von Schick zwar ungarischer Bürger war – sonst hätten der Grund und die Fabrik nicht auf ihn überschrieben werden können –, mit den ungarischen Verhältnissen jedoch offenbar nicht restlos vertraut war: Der von Fabricius erwähnte Gesetzesartikel XXI/1840 z.B. war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages 1839 noch nicht in Kraft, bei der Übertragung des Grundes am 16.11. 1840 aber schon und fand daher auf ihn Anwendung. Überhaupt hatte der Reichstag von 1839/40 einschneidende Veränderungen im Kreditrecht beschlossen, deren Inkrafttreten zeitlich genau mit der Übernahme der Raffinerie durch das Handelshaus Steiner zusammenfiel. Wenn Schick den Kauf der Raffinerie zur Absicherung seiner Forderungen vornahm, so hat er dabei wahrscheinlich nicht auf die geänderte Gesetzeslage Bedacht genommen.

Der Konkurs der Pester Zuckerraffinerie hatte noch ein possenhaftes Nachspiel: Jalics und Liedemann erhoben Anklage gegen Graf Móric Sándor, mit dem sie im Februar 1841 einen Vertrag über die Lieferung von Steinkohle aus seiner Kohlengrube in Bajna abgeschlossen hatten. Dabei waren 400 fl. als Vorschuß geleistet worden, die Sándor bei Einstellung der Lieferungen als Abschlagzahlung einbehielt. Wegen dieser 400 fl. CM – die sich im Vergleich zu den im Zusammenhang mit der Pester Raffinerie genannten Summen recht bescheiden ausnehmen –, traten die beiden Bankrotteure an das Pester Wechselgericht heran, und nach Berufung wurde das Urteil schließlich am 13. 10. 1842 gegen Sándor gefällt und am 21. 7. 1843 von der Septemviraltafel bestätigt.(47)

Liedemann und Jalics scheint der Konkurs nicht wesentlich geschadet zu haben: sie gehörten in den 40-er Jahre weiterhin zu den führenden Kaufleuten Pests, verfügten über ansehnliche Immobilien, befanden sich unter den ersten Aktionären der Pester Ungarischen Kommerzbank.(48) Der eine, Jalics, saß 1847 im Aufsichtsrat der Pester Zucker-Fabrikations-Gesellschaft.(49) Die Unterschrift Friedrich Liedemanns – als Bankdirektor, gemeinsam mit Antal Valero, befindet sich neben der Kossuths – als Finanzminister –, unter dem Vertrag aus dem Jahre 1848 zwischen der Ungarischen Kommerzbank und der revolutionären Regierung über die Ausgabe der ersten ungarischen Banknoten.(50)
Lichtl widmete sich der Spodiumproduktion. Nach der Schließung der Spodiumfabrik Lacsnys 1839 bis zur Eröffnung der Fabrik eines gewissen Mitterdorfer 1841 in Pest(51) war er sogar der einzige Produzent dieses Zusatzstoffes in Ungarn. Er erachtete es angesichts solcher Entwicklungen für geraten, sein Spodiumunternehmen dem zu erwartenden gesteigerten Bedarf anzupassen, und gründete die „Erste Pester Spodium AG“. (Statuten siehe Anhang) Die Zuckermehlfabrikanten Ungarns empfanden das Fehlen einer Raffinerie recht stark und so kam es am 30.6. 1844 in Preßburg zur Gründungssitzung der „Pesther Zucker-Fabrikations-Gesellschaft“, in Form einer AG. (Siehe voriger Abschnitt.) Beinahe alle namhaften Unternehmer und Kaufleute Pests, sowie verschiedene Zuckerfabrikanten Ungarns, auch Lichtl, waren an dem Unternehmen beteiligt.(52)

Diese AG kaufte die bis dahin stillgelegte Fabrik von der Stadt Pest, die im Zuge des Konkursverfahrens der Eigentümer des Gebäudes geworden war, und nahm sie wieder in Betrieb.

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(1) ebd., in einem Schreiben vom 20. 6. 1842

(2) ebd.

(3) Gyömrei 1, S260-261

(4) ebd.

(5) Ungár 2, S. 319

(6) F.L., Int. a.n. 3547, Brief Lichtls vom 14.11. 1840

(7) O.L., Hétszemélyes Tábla Váltóosztálya 7-112

(8) Pólya, S. 359 & 360

(9) F.L., Rel. 14106

(10) Pólya, S. 376

(11) Wiener, S. 99

(12) Gyömrei 2, S. 242, Mérei, S. 277, sowie F.L., Rel. 14106 a.n.

(13) Übertragung des Eigentumsrechts

(14) F.L., Int. 3547, 30. 5. 1839

(15) Österreichisch-Ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie und Landwirtschaft, Wien 1890, S. 201, zitiert nach: Wiener, S. 84

(16) F.L., Int. 3547

(17) ebd.

(18) O.L., Htt. Comm. 1840-18-183

(19) ebd.

(20) Fényes 3, S. 213

(21) O.L., Htt., Comm. 1840-18-183

(22) Wiener, S. 114/115

(23) O.L., Htt. Comm. 1840-18-183

(24) F.L., Int. 3547, alle folgenden Zitate und Daten aus diesem Akt

(25) O.L., Htt. Comm. 1840-15-118/a und F.L., Miss. a.n. 9153

(26) F.L., Int. 3547

(27) F.L., Int. 3547, Erklärung vom 7.9.1837

(28) Auflösung einer Gesellschaft

(29) F.L., Int. 3547, Erklärung vom 11.12.1837

(30) F.L., Int. a.n. 6136

(31) Mérei, S. 175

(32) F.L., Int. 3547

(33) O.L., Htt. Comm. 1840-15-118/a – 7. 3. 1838

(34) F.L., Rel. a.n. 4107 und Rel. 14106

(35) O.L., Htt. Comm. 1840-18-183 und F.L., Int. 3547

(36) Horváth, S. 376

(37) Mérei 1, S. 63

(38) Wiener, S. 91-93, Mérei 1, S. 197

(39) Kunits, S. 274 und F.L., Int. a.m. 8433

(40) Mérei 1, S. 174

(41) Thirring

(42) Kunits, S. 274

(43) Mérei 1, S. 174

(44) F.L., Rel.a.n. 4107

(45) O.L., Htt. Comm. 1840-15-118/a

(46) F.L., Int. a.n. 6136

(47) Gyömrei 2, S. 242

(48) ebd.

(49) Mérei 1, S. 174 und F.L., Rel. a.n. 4107

(50) F.L., Rel. a.n. 4107

(51) Mérei 1, S. 174

(52) F.L., Int.. 6136, Vertrag vom 24.7.1834

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