Protokoll 26
14.10. 2012

 

13. KAPITEL: Maschinerie und große Industrie

 

1. Entwicklung der Maschinerie

Marx stellt gleich am Anfang dieses Mega-Kapitels klar, wem die Erfindung und der Einsatz von Maschinen dient:

„»Es ist fraglich, ob alle bisher gemachten mechanischen Erfindungen die Tagesmühe irgendeines menschlichen Wesens erleichtert haben.«
(Bemerkung in der Fußnote: Mill hätte sagen sollen, »irgendeines menschlichen Wesens, das nicht von andrer Leute Arbeit lebt«, denn die Maschinerie hat unstreitig die Zahl der vornehmen Müßiggänger sehr vermehrt.) Solches ist jedoch auch keineswegs der Zweck der kapitalistisch verwandten Maschinerie. Gleich jeder andren Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit soll sie Waren verwohlfeilern und den Teil des Arbeitstags, den der Arbeiter für sich selbst braucht, verkürzen, um den andren Teil seines Arbeitstags, den er dem Kapitalisten umsonst gibt, zu verlängern. Sie ist Mittel zur Produktion von Mehrwert.“ (S 391, 1. Absatz)

„Die Umwälzung der Produktionsweise nimmt in der Manufaktur die Arbeitskraft zum Ausgangspunkt, in der großen Industrie das Arbeitsmittel.“ (S 391, 2. Absatz)

Die manufakturelle Arbeitsteilung ist vollzogen, die Arbeit durchrationalisiert. Es ist logisch, daß sich der Erfindungsgeist jetzt darauf konzentriert, Menschen durch Arbeitsmittel zu ersetzen.

Es ist erst einmal zu bestimmen, was eigentlich eine Maschine ist, weil auch daran schieden sich offenbar zu Marx’ Zeiten die Geister.

„Alle entwickelte Maschinerie besteht aus drei wesentlich verschiednen Teilen, der Bewegungsmaschine, dem Transmissionsmechanismus, endlich der Werkzeugmaschine oder Arbeitsmaschine. … Dieser Teil der Maschinerie, die Werkzeugmaschine, ist es, wovon die industrielle Revolution im 18. Jahrhundert ausgeht.“ (S 393, 1. Absatz)

Das erste, was auffällt ist, daß der Energiebedarf mit dem Auftreten von Maschinerie einsetzt. Hätte England nicht beträchtliche Kohlevorkommen gehabt – wer weiß, wie die Sache sich entwickelt hätte, oder auch nicht.

Warum ist die Werkzeugmaschine der „eigentliche“ Teil der Maschine, die anderen beiden nur Draufgabe?
Weil die den geschickten Arbeiter ersetzt. Den Antrieb können dann Wind, Wasser oder Esel, aber sogar ein Mann auf einem Zimmerfahrrad leisten.

„Die Werkzeugmaschine ist … ein Mechanismus, der nach Mitteilung der entsprechenden Bewegung mit seinen Werkzeugen dieselben Operationen verrichtet, welche früher der Arbeiter mit ähnlichen Werkzeugen verrichtete.“ (S 394, 1. Absatz)

Wie Marx im weiteren beschreibt, ersetzt die Maschine eben nicht nur einen, sondern immer mehr geschickte Arbeiter.

Hier wird alles Schulwissen über den Haufen geworfen:

„Die Dampfmaschine selbst, wie sie Ende des 17. Jahrhunderts während der Manufakturperiode erfunden ward und bis zum Anfang der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts fortexistierte, rief keine industrielle Revolution hervor. Es war vielmehr umgekehrt die Schöpfung der Werkzeugmaschinen, welche die revolutionierte Dampfmaschine notwendig machte.“(S 395/396)

Es war also nicht die Antriebskraft, die die industrielle Revolution ausäöste, sondern diejenigen Maschinen, die Menschen ersetzten und von etwas angetrieben werden mußten. Die Dampfmaschine wurde wichtig, weil der Bedarf nach Energie stieg.
Warum wird das in der Besprechung dieser Epoche verkehrt dargestellt?
Um zu erklären, warum Werkzeugmaschinen die Produktion revolutionieren, muß man bereits die Bedeutung der Manufaktur für die Produktion und ihre Schranke: das Geschick des Arbeiters, begriffen haben. Dann erst versteht man, warum es ein Bedürfnis gab, letzteren durch Maschinen zu ersetzen, und diese dann wieder von außen antreiben zu lassen.

Andernfalls erscheint der Auftritt der Dampfmaschine als eine Art deus ex machina, der wie ein Wunder die Energieerzeugung zu den Menschen bringt und dadurch alles ändert.

Um die wirkliche Bedeutung der Wattschen Dampfmaschine zu würdigen, werden die Unzulänglichkeiten der anderen Energiequellen aufgezählt (S. 397-398). Auch nicht uninteressant, im Lichte der heute propagierten „erneuerbaren Energien“.

Das Pferd ist teuer, und es gab offenbar auch nicht genug davon. Dennoch ist es mobil, und „PS“ deutet auch heute noch darauf hin, wie wichtig es als Vorgänger von Motoren war.
Fließendes Wasser ist nicht überall, und England hat ja auch wenig Berge und daher wenig Gefälle. Die Wasserkraft war daher von Haus aus eine matte Sache.
Der Wind weht nicht immer. Er liefert nicht kontinuierlich Energie.

Durch die Erfindung des Stroms wurde es möglich, Maschinen auf das zu reduzieren, was Marx Werkzeugmaschinen nennt, die Energieerzeugung auszugliedern und zu einem eigenen Wirtschaftszweig zu machen und die Transmission größtenteils den Stromkabeln zu überlassen.

zum Inhaltsverzeichnis Kapital-Protokolle